Keine erweiterten Kompetenzen für BKA

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Die Kompetenzen des Bundeskriminalamts (BKA) zur werden zunächst nicht zum Zwecke einer effektiveren Bekämpfung des internationalen Terrorismus erweitert. Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) scheiterte bei der Innenministerkonferenz in Lübeck am Widerstand der Länder gegen sein drittes "Sicherheitspaket".

Der Minister versicherte aber, die Pläne zur Zentralisierung der Sicherheitsstrukturen seien damit nicht vom Tisch: "Ich werde nicht müde werden, das zur Sprache zu bringen." Schily will die Reform nun in der Föderalismuskommission durchsetzen.

Das geplante neue Zuwanderungsrecht und Fragen der inneren Sicherheit waren zentrale Themen der Innenministerkonferenz (IMK). Eine Sonderkommission hatte ein Eckpunktepapier entwickelt, das eine stärkere Zusammenarbeit aller in der Terrorismusbekämpfung tätigen Gruppierungen regeln solle. Darin wird die Zusammenarbeit von Landeskriminalämtern, dem Bundeskriminalamt (BKA) und der Polizei auf der einen Seite und öffentlichen Einrichtungen andererseits klarer als bisher definiert. Das BKA müsse erweiterte Kompetenzen erhalten.
?Es geht um die Frage, ob es noch zeitgerecht ist, 36 verschiedene Polizeien und Verfassungsschutzämter im Bund und auf Länderebene zu haben. Wir müssen unsere Sicherheitsbehörden so aufstellen, dass sie in der besten Weise gegen die massive Bedrohung durch den Terrorismus gewappnet sind. Die Verantwortungsbereiche müssen klarer zugeordnet werden. Deshalb will ich für das Bundeskriminalamt (BKA) und das Bundesamt für Verfassungsschutz mehr zentrale Kompetenz,? vertrat der Bundesinnenminister Otto Schily bereits in einem Interview mit dem Stern im Juli dieses Jahres.

Strittig ist allerdings die Frage, ob es dazu einer Verfassungsänderung bedürfe oder nicht.Die Bundesministerin der Justiz vertritt hier die Auffassung, eine Verfassungsänderung sei nötig: ?Es geht insbesondere darum, Informationen, die man aus dem internationalen Bereich bekommt, effizient und insofern präventiv nachgehen zu können. Wenn wir also aus Amerika, aus China oder woher auch immer beispielsweise einen Hinweis auf eine Person bekommen - es geht auch nur um Terrorismustaten und organisierte Kriminalität -, dann soll das BKA auch in der Lage sein, eigene Ermittlungsmaßnahmen zur Aufklärung der Frage "Ist das so, ist es nicht so, oder ist das ein falscher Hinweis?" zu ergreifen - das BKA kann bisher nämlich nur tätig werden, wenn der Generalbundesanwalt schon ermittelt; dann hat das BKA dieselben Befugnisse -, und zwar zur möglichst kurzfristigen Abklärung der Frage, ob es überhaupt Sinn macht, weiter zu ermitteln. Wenn der Tipp richtig ist, muss man nämlich möglichst schnell handeln. Das ist das Ziel der Kompetenzerweiterung. Ich persönlich meine, dazu ist eine Verfassungsänderung nötig. Aber es gibt auch die Auffassung, es würde reichen, das BKA-Gesetz zu ändern.? (Bundespresskonferenz vom 10.November 2004 )

Zur Diskussion stand vor allem auch eine gemeinsame "Islamisten-Datei", auf die auch das Bundesamt für Verfassungsschutz Zugriff haben sollte, und erweiterte Kompetenzen für das BKA. Diese sollten dem BKA sogar einräumen, ohne konkreten Anfangsverdacht auf eine Straftat zu ermitteln. Der IMK-Vorsitzende, Schleswig-Holsteins Innenminister Klaus Buß (SPD), sprach sich für eine "begrenzte Befugniserweiterung" aus, eine Verfassungsänderung zugunsten der Nachrichtendienste lehnte er aber ab. Der Bundminnenminister bekräftigte, die Fahnder im BKA seien im Kampf gegen islamistische Terroristen auf zusätzliche präventive Ermittlungsrechte angewiesen. Auch die Zusammenarbeit mit ausländischen Behörden könnten die Länder allein nicht bewältigen. Schily ließ aber seine Forderung fallen, dem BKA ein Weisungsrecht über die Länderpolizeien zu erteilen.

Zur Frage des Informationsaustauschs zwischen den Nachrichtendiensten und den Ermittlungsbehörden inform einer "Islamisten-Datei" brachte die Konferenz keine eindeutigen Ergebnisse.

Der Informationsaustausch zwischen Polizei und Verfassungsschutz ist nichts Neues. Bisher dauerte es oft nur sehr lange, bis Anfragen beantwortet wurden. Eine gemeinsame Datei kann die bisher holprige Zusammenarbeit effizienter machen. Zugleich durchbricht sie aber auch das Gebot, Polizei und Geheimdienste organisatorisch und in ihren Befugnissen getrennt zu halten. Die grundgesetzlich geregelte Trennung der Kompetenzen von Polizei und Sicherheitsdiensten ist historisch gerechtfertigt. Der ?Polizeibrief? der Alliierten in den 2+4 Verhandlungen zwar ad akta gelegt worden, lebt aber in Art.87 GG fort. Das Bundesamt für Verfassungschutz (BfV) ist eine Bundesbehörde im Geschäftsbereich des Bundesinnenministeriums. Die Gründung des Amtes wurde durch den sog. "Polizeibrief" im Jahr 1949 ermöglicht, in dem die westlichen alliierten Militärgouverneure der kommenden Bundesregierung gestattete, eine "Stelle zur Sammlung und Verbreitung von Auskünften über umstürzlerische, gegen die Bundesregierung gerichtete Tätigkeiten einzurichten. Diese Stelle soll keine Polizeibefugnisse haben". Die Trennung dieser Befugnisse sollte vor allem verhindern, die gefährliche Machtfülle der Geheimen Staatspolizei - Gestapo - im Dritten Reich nicht erneut möglich zu machen. Die Bundesregierung errichtete auf Grund von Art. 87 GG im Jahr 1950 das BfV. Gesetzliche Grundlage ist noch immer das "Gesetz über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes und über das Bundesamt für Verfassungsschutz" (BVerfSchG). Schon heute wird diese Trennung durch weit reichende ? geheimdienstähnliche ? Befugnisse der Ermittlungsbehörden verwässert. Die Polizei darf Verdächtige beschatten, Telefone abhören, Wanzen installieren und Verdeckte Ermittler einsetzen. Wenn die Polizei auf Daten des Verfassungsschutzes zugreifen kann und umgekehrt, dann rücken beide Behörden noch näher zusammen. Schon die bisherige Informationszusammenarbeit war problematisch, aber mit der geplanten Islamistendatei ist der Verstoß gegen das Trennungsgebot offenbar.