Alle in Deutschland erscheinenden türkischen Zeitungen berichten heute als Aufmacher über die gestern im Bundestag verabschiedete Verschärfung des Zuwanderungsgesetzes.
Unter der Überschrift: „Deutschland ist kein Einwanderungsland mehr,“ macht das Massenblatt SABAH auf die Neuregelungen aufmerksam. Mit dem neuen Gesetz habe man das vor zwei Jahren als „Bekenntnis zum Einwanderungsland“ geschaffene Zuwanderungsrecht wieder eingeschränkt. „Nun wird niemand mehr kommen“, so die Zeitung, die zudem auf den Widerstand insbesonders türkischstämmiger Bundestagsabgeordneter hinweist. Lale Akgün von der SPD, bezeichnete das neue Gesetz als „Gesetz gegen Türken“, da vorgesehen ist, dass nachzugswillige Ehepartner aus der Türkei Deutschkenntnisse nachweisen müssen. Dieser Nachweis gelte jedoch nicht für nachzugswillige Ehepartner aus den USA und aus Japan.
Das liberale Massenblatt MILLIYET bewertet die Änderungen im Zuwanderungsrecht in ihrer heutigen Überschrift als „Bremse für Ausländer“ und lässt Cem Özdemir, Mitglied des Europäischen Parlaments, zur Sprache kommen. Özdemir erklärte: „Die Annahme des Gesetzes zur Reform des Ausländer- und Asylrechts durch den Bundestag, schadet der Zukunft Deutschlands. Das Gesetz dient weder der Integration von Migranten noch den wirtschaftlichen Interessen des Landes und missachtet zudem den menschenrechtlich gebotenen Schutz von Flüchtlingen.“
Links-nationale CUMHURIYET meldet kommentarlos: „Das von der deutschen Bundesregierung geänderte Immigrationsgesetz wurde trotz Reaktionen im Bundesrat angenommen. Infolge der Veränderungen wird vorgesehen, dass es für Ausländer, die im Rahmen der Familienzusammenführung nach Deutschland kommen, verpflichtend sei, vorher ein Mindestmass an Deutsch zu lernen und Integrationskurse zu besuchen. Außerdem wird von den jungen Ausländern, die die deutsche Staatsangehörigkeit erwerben wollen, ein Einkommensnachweis gefordert.
Die angenommenen Veränderungen werden von zahlreichen türkischen Verbänden scharf kritisiert, da sie die Situation der Ausländer erschwerten.
Das konservative Massenblatt HÜRRIYET macht mit der Überschrift „Anti-Türken-Gesetz wurde verabschiedet“ ihre Leser auf die neuen Hürden hinsichtlich der Familienzusammenführung aufmerksam.
Die Liberal-islamische ZAMAN quittiert das neue Gesetz mit der Überschrift: „Wir wollen euch nicht.“
Hintergrund
Die Türkische Gemeinde in Deutschland hat das neue Gesetz in einer Stellungnahme wie folgt kritisiert.
„Das neue Gesetz sendet folgende Signale:
1) Wir wollen keinen Familiennachzug aus unteren sozialen Schichten.
2) Wir wollen eigentlich keine Person mehr einbürgern.
3) Entweder integriert Euch, oder wir integrieren Euch.
Diese Signale sind für den Integrationsprozess kontraproduktiv und werden zu mehr Segregation und zum Rückzug in die eigenen communities führen.
Die Voraussetzung für den Familiennachzug, Deutschkenntnisse zu verlangen, ist verfassungswidrig. Die Türkische Gemeinde in Deutschland wird Personen unterstützen, die gegen das Gesetz vor Gericht ziehen wollen.
Die gute Atmosphäre, die durch den Integrationsgipfel geschafft wurde, ist mit diesem Gesetz zerstört worden."