Die Bundesregierung hat auf die im Juni 2006 von Bündnis 90/Die Grünen eingebrachte „Große Anfrage zum Stand der rechtlichen Gleichstellung des Islam in Deutschland“ geantwortet.
Bündnis 90/Die Grünen hatten in ihrer Anfrage darauf verwiesen, dass die Muslime unter den nach Deutschland eingewanderten religiösen Gruppen die größte darstellen, jedoch seit einer vergleichbaren Anfrage der CDU/CSU vom Jahr 2000 keine aktuellen Informationen zum Stand der rechtlichen Integration der Muslime bzw. des Islams in Deutschland vorlägen. In ihrer Antwort vom April 2007 erklärte nun die Bundesregierung, dass sie die „Große Anfrage“ als Gelegenheit sähe, die bei staatlichen Stellen vorhandenen Kenntnisse über die Muslime und ihre Integration in Deutschland darzustellen. Auf 125 Seiten beantwortet sie 36 Fragen, die teilweise nochmals untergliedert sind und religions- und verfassungsrechtliche Aspekte ebenso umfassen wie die Selbstorganisation der Muslime, islamischen Religionsunterricht, Moscheebau und die Rechtmäßigkeit des islamischen Gebetsrufs.
Nach Angaben der Bundesregierung leben derzeit ca. 3,1 bis 3,4 Mio. Muslime in Deutschland, darunter etwa 1 bis 1,1 Mio. mit deutscher Staatsangehörigkeit. Unter den Muslimen sind ca. 2,5 Mio. Sunniten, 400.000 bis 700.000 Aleviten, 200.000 Schiiten und etwa 40.000 Ahmadis. Allerdings handelt es sich bei der Zahl der Muslime und Anhänger der jeweiligen Glaubensrichtungen um Schätzungen, u. a. da die Meldebehörden in Deutschland Muslime bei der Religionszugehörigkeit unter „Verschiedene“ zählen. Ohnehin handelt es sich bei der Mehrheit der quantitativen Angaben um Schätzungen, da keine offiziellen Daten bzw. Statistiken vorliegen. Das gilt auch für die die Zahl der muslimischen Gebetsstätten bundesweit. Sie soll bei ca. 2.600 liegen, wovon etwa 150 klassische Moscheen mit Kuppel und Minarett sind. Die Bundesregierung geht von momentan mehr als 100 geplanten Moscheeneubauten bundesweit aus. Auf die Frage, aus welchen Quellen der Moscheebau in Deutschland finanziert werde, antwortete die Regierung, dass „keine gesicherten Kenntnisse über die Finanzierungsquellen“ vorlägen. Wenn man die geschätzten 2.600 Moscheen zugrunde legt, so ergibt sich bei 3,2 Mio. Muslimen eine Relation der Anzahl der Gotteshäuser zur Anzahl der Gläubigen von 1:1.231. Bei der Evangelischen Kirche liegt das Verhältnis eigenen Angaben zufolge bei 1:1.164, bei der Katholischen Kirche bei 1:1.050. Islamische Organisationen sind in Deutschland überwiegend als eingetragene Vereine organisiert. Bisher wurde noch keiner dieser Organisationen der Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts gewährt, womit sie beispielsweise als Träger der freien Wohlfahrtspflege und Jugendhilfe anerkannt wären und außerdem Steuern von ihren Mitgliedern erheben könnten. Die Verleihung von Körperschaftsrechten an islamische Organisationen gilt als problematisch u. a. aufgrund der fehlenden mitgliedschaftlichen Struktur bzw. des fehlenden Nachweises der Zahl der Mitglieder und zum Teil bestehender „Zweifel an der Verfassungstreue“. Die Bundesregierung würde es begrüßen, wenn die Muslime in Deutschland repräsentative Vertretungen bilden würden, die dem Staat als anerkannter Ansprechpartner dienen könnten. Sie betont jedoch zugleich, dass sie mit „Rücksicht auf das verfassungsrechtlich garantierte Selbstbestimmungsrecht der Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften […] keine Möglichkeit zu einer staatlichen Einflussnahme“ sieht. Als problematisch sieht die Bundesregierung den geringen Organisationsgrad der Muslime in Deutschland an. Damit hänge auch zusammen, dass die überregional aktiven islamischen Organisationen nur eine Minderheit der Muslime repräsentierten. Auch wenn viele Muslime die Moschee in ihrem Bezirk nutzten, bestehe oftmals keine Mitgliedschaft bei den Trägern der Moschee. Die Bundesregierung verweist in diesem Zusammenhang auf die Deutsche Islam-Konferenz, wo diese Fragestellungen und mögliche Lösungen Teil der Agenda seien. Weiterführender Link |