Mit dem Änderungsantrag der Fraktionen CDU/CSU und SPD im Innenausschuss des Deutschen Bundestages zum Entwurf eines Gesetzes zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung (Drucksache 18/4097) soll eine Härtefallregelung in Bezug auf die Sprachanforderungen beim Familiennachzug von Ehegatten eingeführt werden.
In § 30 Abs. 1 Satz 3 soll eine neue Nummer 6 eingefügt werden, die folgenden Wortlaut hat:
"es dem Ehegatten aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalles nicht möglich oder nicht zumutbar ist, vor der Einreise Bemühungen zum Erwerb einfacher Kenntnisse der deutschen Sprache zu unternehmen."
Die Änderung dient insbesondere der Umsetzung des Urteils des EuGH vom 10. Juli 2014 in der Rechtssache C-138/13 („Dogan“). Der EuGH hatte eine Unvereinbarkeit des Erfordernisses des Nachweises einfacher Kenntnisse der deut-schen Sprache (Niveau A1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen) beim Ehegattennachzug mit dem Assoziationsrecht zwischen der EU und der Türkei festgestellt.
Zwar gilt diese Entscheidung grundsätzlich nur für einen Nachzug zu assoziationsberechtigten türkischen Staatsangehörigen. Das leitende Rechtsargument des EuGH, nämlich die fehlende ausdrückliche Möglichkeit der Berücksichtigung besonderer Umstände des Einzelfalls, ist jedoch grundsätzlicher Natur. Obwohl der allgemeine Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ohnehin gilt, wird zur Klarstellung für den Ehegattennachzug eine allgemeine Härtefallklausel eingeführt. Diese stellt explizit sicher, dass alle Besonderheiten des Einzelfalls gebührend berücksichtigt werden können und bei Vorliegen besonderer Umstände ein Ab-sehen vom Sprachnachweis möglich ist.
Solche besonderen Umstände des Einzelfalls können z.B. entsprechend der Rechtsprechung der Bundesverwaltungsgerichts im Urteil vom 4. September 2012 (BVerwG 10 C 12.12) bestimmt werden. Ein Härtefall ist dementsprechend anzunehmen, wenn es dem ausländischen Ehegatten entweder von vorneherein nicht möglich oder nicht zumutbar ist, vor einer Einreise nach Deutschland Bemühungen zum Erwerb einfacher deutscher Sprachkenntnisse zu unternehmen, oder aber es ihm trotz ernsthafter Bemühungen von einem Jahr Dauer nicht gelungen ist, das erforderliche Sprachniveau zu erreichen.
Dabei sind die Anforderungen der höchstrichterlichen europäischen und nationalen Rechtsprechung zu berücksichtigen. Anhaltspunkte können in der Person des Ehegatten oder in den äußeren Umständen liegende Gründe sein, zum Beispiel der Gesundheitszustand des Betroffenen, seine kognitiven Fähigkeiten, die Erreichbarkeit von Sprachkursen oder die zumutbare tatsächliche Verfügbarkeit eines Sprachlernangebotes. Die Bundesregierung wird um weitere Konkretisierung durch Anwendungshinweise gebeten.
Diese Regelung gilt über den Verweis in § 28 Absatz 1 Satz 5 AufenthG entsprechend für den Ehegattennachzug zu Deutschen.