Der nun vorliegende Gesetzentwurf zum Integrationsgesetz und die Änderungsverordungen werden das Migrationsrecht erneut weitreichenden Änderungen unterwerfen. Kein Gesetz bleibt unberührt, da der Gesetzgeber nicht nur im Aufenthaltsgesetz und den Sozialgesetzen neue Vorschriften einführt, sondern zugleich auch notwendige Änderungen des Asylgesetzes vornimmt. Der Gesetzentwurf wird am 3. Juni 2016 in erster Lesung im Bundestag beraten und wird voraussichtlich noch vor der Sommerpause (wohl Mitte/Ende Juli) als Gesetz in Kraft treten.
Der vorliegende Gesetzesentwurf enthält zwar eine Reihe von Vorschlägen, die die Integration von Flüchtlingen erleichtern können, insgesamt vermittelt er aber den Eindruck, als fehle es an der Integrations- und Mitwirkungsbereitschaft der Geflüchteten. Dem versucht man mit verschiedenen Gesetzesverschärfungen, vor allem aber mit Sanktionierungen bei den Asylbewerberleistungen zu begegnen.
IDie Verpflichtungserklärung wird auf fünf Jahre begrenzt, um Verpflichtungsgeber vor unabsehbaren finanziellen Belastungen zu schützen. Dies gilt auch für Altfälle, löst jedoch keinen Anspruch des Verpflichtungsgebers gegenüber der öffentlichen Stelle auf Rückerstattung aus, sofern dieser in der Vergangenheit bereits länger als fünf Jahre einstandspflichtig gewesen ist. Ferner wird - insbesondere vor dem Hintergrund einer Vielzahl erfolgreicher Asylanträge von im Rahmen von Landesaufnahmeprogrammen nach § 23 Absatz 1 AufenthG aufgenommenen Personen - klargestellt, dass die Erteilung eines (anderen) humanitären Aufenthaltstitels die Haftung des Verpflichtungsgebers aus der Verpflichtungserklärung vor Ablauf des Zeitraums von fünf Jahren unberührt lässt, insoweit also durch die Zuerkennung internationalem Schutzes und durch die anschließende Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 1 oder 2 AufenthG nach Aufnahme in ein Landesaufnahmeprogramm kein Zweckwechsel eintritt, der die 5-Jahres-Frist verkürzt.
Eine Niederlassungserlaubnis wird anerkannten Flüchtlingen, Asylberechtigten und Resettlement-Flüchtlingen nicht mehr voraussetzungslos erteilt, sondern von Integrationsleistungen abhängig gemacht. Um eine Niederlassungserlaubnis zu erhalten, müssen sie nach fünf Jahren unter anderem hinreichende Sprachkenntnisse (entsprechend Sprachniveau A2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens) vorweisen und ihren Lebensunterhalt überwiegend sichern. Die Voraussetzungen werden damit denen für andere Ausländerinnen und Ausländer bei Erteilung der Niederlassungserlaubnis geltenden Voraussetzungen angeglichen. Die besondere Lage der anerkannten Flüchtlinge wird berücksichtigt, indem Privilegierungen gegenüber anderen Ausländerinnen und Ausländern bestehen: Es wird keine Leistung von Pflichtbeiträgen zur Rentenversicherung verlangt, ein geringeres Sprachniveau als in § 9 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes und eine reduzierte Lebensunterhaltssicherung vorausgesetzt und die Asylverfahrenszeiten auf den Zeitraum bis zur Erteilung angerechnet.
Sofern ein anerkannter Flüchtling, eine Asylberechtigte oder ein Asylberechtigter oder ein Resettlement-Flüchtling besondere Integrationsleistungen erbringt, wird dies ausdrücklich honoriert: In diesen Fällen einer herausragenden Integration, die sich durch eine weit überwiegende Lebensunterhaltssicherung und das Beherrschen der deutschen Sprache (Niveau C1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens) zeigt, ist die Niederlassungserlaubnis bereits nach drei Jahren zu erteilen. Der neue § 12a AufenthG begründet in Absatz 1 die gesetzliche Verpflichtung zur Wohnsitznahme im Land der Erstzuweisung im Asylverfahren nach dem Königsteiner Schlüssel. Personen, die insbesondere einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgehen und damit bereits einen wichtigen Beitrag zu ihrer Integration erbringen, werden unter bestimmten Voraussetzungen von der Regelung nicht erfasst; eine bereits bestehende Verpflichtung wird gemäß Absatz 5 auf Antrag des Betroffenen aufgehoben.
In Absatz 2 wird eine Regelung geschaffen, die es den Länderbehörden im Falle integrationshemmender Wohnverhältnisse in Aufnahmeeinrichtungen und anderen vorübergehenden Unterkünften ermöglicht, Betroffene regelmäßig innerhalb einer Frist von sechs Monaten zur in dieser Lage auch integrationspolitisch wichtigen Sicherstellung der Wohnraumversorgung an einen anderen Ort zuzuweisen, wenn dies der nachhaltigen Integration nicht entgegensteht. Absatz 5 ermöglicht die Anpassung an geänderte Verhältnisse und enthält eine Härtefallregelung. Aus Gründen der Verhältnismäßigkeit werden die Wohnsitzregelung und die Geltungsdauer des neuen § 12a AufenthG auf drei Jahre befristet. Die Regelungen zur Wohnsitzverpflichtung werden durch Änderungen im SGB II, insbesondere zur örtlichen Zuständigkeit der Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach § 36 SGB II und eine Änderung im SGB XII flankiert.
Um den frühzeitigen Spracherwerb zu fördern, sollte der Anspruch auf Teilnahme am Integrationskurs statt auf zwei Jahre auf ein Jahr befristet sein. Eine Ausnahme ist vorgesehen, wenn die Anmeldung von der oder dem Anspruchsberechtigten aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen nicht innerhalb der Frist erfolgen konnte. Asylberechtigte, anerkannte Flüchtlinge oder subsidiär Schutzberechtigte (Inhaberinnen und Inhaber eines Aufenthaltstitels gemäß § 25 Absatz 1 oder 2 AufenthG) können künftig auch dann zur Teilnahme am Integrationskurs verpflichtet werden, wenn bereits eine Verständigung mit einfachen deutschen Sprachkenntnissen möglich ist und sie keine Leistungen nach dem SGB II beziehen. Einfache Sprachkenntnisse können mit Blick auf einen nachhaltigen Zugang zum Ausbildungs- und Arbeitsmarkt und einen möglichen dauerhaften Aufenthalt aus integrationspolitischer Sicht gegebenenfalls nicht ausreichend sein.
Asylbewerberinnen und Asylbewerber mit guter Bleibeperspektive, bestimmte Geduldete sowie Inhaberinnen und Inhaber eines humanitären Aufenthaltstitels nach § 25 Absatz 5 AufenthG haben seit Einführung des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz am 24. Oktober 2015 Zugang zu Integrationskursen (§ 44 Absatz 4 Satz 2 Nummer 1 bis 3 AufenthG). Diese Gruppe konnte bislang aber nicht gemäß § 44a AufenthG zur Teilnahme verpflichtet werden. Nunmehr wird - durch eine entsprechende Regelung im Asylbewerberleistungsgesetz - eine Verpflichtungs-möglichkeit geschaffen, wenn sie Leistungen nach dem AsylbLG beziehen und die zuständige Leistungsbehörde sie zur Teilnahme auffordert.