Rostock/Berlin - Während in Berlin die Wogen hochschlagen wegen der angeblichen Begünstigung des Menschenhandels durch die ministeriell verordnete Visa-Praxis der Konsulardienste, ist im Inland Beamten des Bundesgrenzschutzes und des Landeskriminalamtes Mecklenburg-Vorpommern ein erfolgreicher Schlag im Kampf gegen die organisierte Kriminalität gelungen: sie haben einen international agierenden Menschenhändlerring in Rostock ausgehoben.
Mehr als zwanzig Personen aus Deutschland, Litauen, Russland, der Ukraine und Israel stehen unter dem Verdacht des Menschenhandels. Bei der Aktion wurden bislang elf Haftbefehle vollstreckt und dreizehn Personen festgenommen. Ihnen werden eine Reihe von Vergehen vorgeworfen, unter anderem Verstöße gegen das Ausländergesetz, Menschenhandel, Geldwäscherei, Schutzgelderpressung und Drogenhandel. Teile der Tätergruppierung waren bereits in der Vergangenheit wegen des Besitzes von Waffen und ihrer Gewaltbereitschaft polizeilich in Erscheinung getreten. Durch den Einsatz von Spezialkräften des Bundesgrenzschutzes konnten diese Täter jedoch überwältigt werden.
"Bei den Verdächtigen handelt es sich um Mitglieder eines international agierenden Menschenhändlerringes, die Frauen aus Osteuropa nach Mecklenburg-Vorpommern geschleust haben", erklärt Oberstaatsanwalt Peter Lückemann. Bei der Großrazzia wurden insgesamt einundfünfzig Wohnungen und Geschäftsräume in Rostock, Wismar, Hamburg, Lüneburg und im hessischen Heppenheim durchsucht. Bei den Razzien stellten Beamte 43 000 Euro Bargeld und 430 000 Euro auf Konten sicher.
Hierzu Bundesinnenminister Otto Schily: ?Der erfolgreiche Schlag gegen den organisierten Menschenhandel durch Beamte des Bundesgrenzschutzes und des Landeskriminalamtes Mecklenburg ? Vorpommern zeigt einmal mehr die hervorragende Kooperation und die Erfolge des Bundes und der Länder im Kampf gegen die organisierte Kriminalität. Menschenhandel ist eine der widerwärtigsten Formen organisierter Kriminalität; mein Dank gilt allen Beamten, die an der Zerschlagung dieser kriminellen Organisation mitgewirkt haben.?
Unter der Einsatzführung des Landeskriminalamts Mecklenburg-Vorpommern hatten über zweihundert Beamte des Bundesgrenzschutzes gemeinsam mit zirka hundertvierzig Beamten der Länder Wohnungen und Geschäftsräume in Mecklenburg-Vorpommern durchsucht. Die Ermittler sind der kriminellen Vereinigung schon seit fünf Jahren auf der Spur, seit 2002 liegt den Maßnahmen ein gemeinsames Ermittlungsverfahren des BGS-Amtes Rostock und des LKA Mecklenburg-Vorpommern im Auftrag der Staatsanwaltschaft Rostock zu Grunde.
Als Kopf der Bande gilt der 29-Jährige Artur B. aus Litauen, der bereits zu einer vierjährigen Haftstrafe wegen versuchten Mordes verurteilt wurde. Ebenfalls in Untersuchungshaft befindet sich der Rostocker Investor Claude K. Gemeinsam haben die Männer direkt oder über Mittelsmänner mehrere Lokale in der Hansestadt geleitet.
"Uns ist zwar ein Schlag ins Kontor der organisierten Kriminalität gelungen.
Es werden aber andere Gruppen versuchen, die aufgebrochene Lücke zu schließen", kündigte Weitemeier an. Ermittlungen gibt es nach Angaben der Staatsanwaltschaft auch gegen Anwälte, die in in den Fall verstrickt sein sollen.
Der Kampf gegen den Menschenhandel wird nunmehr auch strafrechtlich entschiedener flankiert: Neue Strafvorschriften sollen den organisierten Menschenhandel empfindlicher treffen als bisher (aufgrund Rücknahme des Einspruchs des Bundesrates maßgebliche Fassung hier).
Die seit Samstag geltenden Änderungen im Strafgesetzbuch "bestrafen die Täter härter und schützen die Opfer besser", erklärte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries in Berlin (Presseerklärung der Bundeministerin für Justiz hier).
Die bislang schon strafbare Zwangsverheiratung wird künftig als besonders schwerer Fall der Nötigung bestraft. Erfasst werden nun auch Fälle, in der Opfer gezwungen werden, menschenverachtende Arbeiten anzunehmen. Mit den Neuerungen werden internationale Abkommen in deutsches Recht umgesetzt.