Experten streiten über die Aufhebung der Optionspflicht

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Am Montag, den 23.06.2014 fand im Bundestag die Expertenanhörung zu der von der Bundesregierung geplante Neuregelung der sogenannten Optionspflicht im Staatsangehörigkeitsrecht statt.

Neben dem Gesetzentwurf der Bundesregierung (18/1312) lag der Anhörung ein Gesetzentwurf der Fraktion "Die Linke" (18/1092) und der Fraktion "Bündnis 90/Die Grünen" (18/185(neu)) zur Aufhebung der Optionspflicht sowie einen Antrag der Linksfraktion „für ein fortschrittliches Staatsangehörigkeitsrecht" (18/286) vor.

Hintergrund der gesetzlichen Neuregelung ist die partielle Aufhebung der Optionspflicht für in Deutschland geborene und aufgewachsene Kinder ausländischer Eltern. Die Neuregelung der Optionspflicht durch den Gesetzentwurf der Bundesregierung durch den Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes vom 5. Mai 2014 (BT-Drs. 18/1312) ist als Einstieg in eine umfassende Ius-soli-Regelung anzusehen und daher zu begrüßen.

Mit dem Gesetz zur Reform des Staatsangehörigkeitsrechts aus dem Jahr 1999 wurde das Abstammungsprinzip (ius sanguinis) um Elemente des Geburtsortsprinzips (ius soli) ergänzt. Durch die frühzeitige Zuerkennung der deutschen Staatsangehörigkeit sollte den hier aufgewachsenen Kindern ausländischer Eltern ihre Integration in die deutschen Lebensverhältnisse erleichtert werden. Der Ius-soli- Erwerb ist mit der Verpflichtung verbunden, bis zur Vollendung des 23. Lebensjahres zwischen der deutschen und der durch Geburt erworbenen ausländischen Staatsangehörigkeit der Eltern zu wählen (Option). Diese Optionspflicht, ohne deren Ausübung die deutsche Staatsangehörigkeit verloren geht, wird künftig jährlich bis zu 40 000 deutsche Staatsangehörige betreffen. Dadurch werden viele junge Deutsche vor eine schwierige Entscheidung gestellt; sie laufen Gefahr, möglicherweise sogar ungewollt, die deutsche Staatsangehörigkeit zu verlieren. Diejenigen, die in Deutschland aufgewachsen sind und dadurch enge Bindungen an Deutschland entwickelt haben, sollen die deutsche Staatsangehörigkeit in Zukunft von vornherein nicht mehr verlieren können. Für sie soll die Optionspflicht künftig entfallen und die durch Geburt entstandene Mehrstaatigkeit dauerhaft hingenommen werden.

In Deutschland geborene und aufgewachsene Kinder ausländischer Eltern sollen die deutsche Staatsangehörigkeit in Zukunft nicht mehr verlieren können. Für sie, die in der Regel enge Bindungen an Deutschland entwickelt haben, soll die Optionspflicht künftig ersatzlos entfallen. Der Grundsatz der Vermeidung von Mehrstaatigkeit tritt vor dem Hintergrund des Hineinwachsens dieser jungen Menschen in die deutschen Lebensverhältnisse zurück. In Deutschland aufgewachsen ist nach diesem Gesetzentwurf, wer sich, bezogen auf das 21. Lebensjahr, acht Jahre gewöhnlich in Deutschland aufgehalten hat, sechs Jahre in Deutschland eine Schule besucht hat oder über einen in Deutschland erworbenen Schulabschluss oder eine in Deutschland abgeschlossene Berufsausbildung verfügt. Diese Voraussetzungen dürfte von dem weit überwiegenden Teil der Ius-soli-Deutschen erfüllt werden, so dass nur noch eine kleine Gruppe weiterhin der Optionspflicht unterliegt. Die Betroffenen können die Frage, ob sie nach der Definition des Gesetzes in Deutschland aufgewachsen und damit von der Optionspflicht befreit sind, bereits frühzeitig nach Erwerb des Schulabschlusses, nach sechsjähriger Schulzeit oder nach Vollendung ihres achten Lebensjahres durch die zuständige Staatsangehörigkeitsbehörde verbindlich klären lassen und damit bereits früh Rechtssicherheit über ihren staatsangehörigkeitsrechtlichen Status bekommen.

Den Belangen der Optionspflichtigen, die bereits die deutsche Staatsangehörigkeit verloren oder ihre andere Staatsangehörigkeit zugunsten der deutschen aufgegeben haben und die Voraussetzungen des Absatzes 1a erfüllen, kann im Rahmen der geltenden Regelungen Rechnung getragen werden. Im Falle des Verlusts der deutschen Staatsangehörigkeit nach § 29 Absatz 2 oder 3 in der bisherigen Fassung können die für den Vollzug des Staatsangehörigkeitsrechts im Inland zuständigen Länder im Rahmen der Ermessensnorm des § 8 und das für Auslandsfälle zuständige Bundesverwaltungsamt im Rahmen des § 13 eine Wiedereinbürgerung unter Hinnahme von Mehrstaatigkeit vornehmen. Sofern Optionspflichtige ihre ausländische Staatsangehörigkeit aufgegeben haben, kann ihnen vor einem beabsichtigten Wiedererwerb der ausländischen Staatsangehörigkeit für den Fortbestand der deutschen Staatsangehörigkeit nach § 25 Absatz 2 auf Antrag eine Beibehaltungsgenehmigung erteilt werden. In diesen Fällen kann aus Gründen der Billigkeit oder des öffentlichen Interesses Gebührenbefreiung gewährt werden. Mit der wesentlichen Neuregelung der Optionspflicht werden zugleich vor dem Hintergrund der Erfahrungen mit dem bisherigen Optionsverfahren verwaltungstechnische Nachbesserungen an der Optionsregelung vorgenommen.

Die Anhörungen wurden aber vom Parlamentsfernsehen aufgezeichnet und können bei Interesse hier angesehen werden:
http://dbtg.tv/cvid/3556002