Verfassungsschutz muss Richtigkeit von Tatsachenbehauptungen im Verfassungsschutzbericht beweisen

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Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat am 21. Mai 2008 (BVerwG 6 C 13.07) entschieden, dass die Islamische Gemeinschaft Milli Görüs einen Anspruch auf Unterlassung mehrerer Tatsachenbehauptungen in einem Verfassungsschutzbericht hat.

Das baden-württembergische Landesamt für Verfassungsschutz beobachtet den klagenden Verein seit längerem und hat ihn im Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2001 unter der Überschrift "Sicherheitsgefährdende Bestrebungen von Ausländern" aufgeführt sowie unter Nennung von Einzelheiten als türkische islamistische Vereinigung charakterisiert. Der Kläger wandte sich mit seiner Klage zwar nicht gegen seine Aufnahme in den Bericht, aber gegen drei dort geäußerte Tatsachenbehauptungen, in denen es um angebliche Äußerungen von Personen auf Veranstaltungen des Klägers ging, und verlangte die Unterlassung dieser Behauptungen, weil sie unrichtig seien. Das Verwaltungsgericht wies die Klage ab, der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg gab ihr statt. Die Revision des beklagten Landes wurde vom Bundesverwaltungsgericht zurückgewiesen.

Das Bundesverwaltungsgericht teilt die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs, dass der Kläger die Unterlassung der umstrittenen Äußerungen verlangen kann, weil sie in die Grundrechte des Klägers eingreifen und nicht erweislich wahr sind. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich nach Vernehmung mehrerer Veranstaltungsteilnehmer sowie von zwei Mitarbeitern der Verfassungsschutzbehörde, jedoch in Unkenntnis der Verwaltungsvorgänge, deren Vorlage die Behörde mit Billigung des Gerichts verweigert hatte, nicht von der Richtigkeit der Äußerungen überzeugen können. Das Bundesverwaltungsgericht, das als Revisionsgericht keine Tatsachen erforscht, sondern grundsätzlich an den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt gebunden ist, hat das Verfahren des Verwaltungsgerichtshofs nicht beanstandet. Insbesondere hat es keinen Fehler bei der Würdigung der erhobenen Beweise und keine unvollständige Sachverhaltsaufklärung festzustellen vermocht. Es folgt auch der Ansicht des Verwaltungsgerichtshofs, dass die Unaufgeklärtheit des Sachverhalts zu Lasten der Behörde geht. Der Umstand, dass die Behörde aus Gründen des Quellenschutzes, insbesondere wegen des erforderlichen Schutzes von V-Leuten, an der Vorlage der Akten und weiteren Beweisangeboten gehindert war, führt im vorliegenden Fall zu keinem anderen Ergebnis.

BVerwG 6 C 13.07 – Urteil vom 21. Mai 2008

Quelle: Presseerklärung des BVerwG