Nunmehr liegt ein aktueller Entwurf der Bundesregierung für ein Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 8. Februar 2007 vor, der hier als freier download zur Verfügung steht.
Die Europäisierung des deutschen Verwaltungsrechts hat mittlerweile auch das deutsche Asyl- und Ausländerrecht erreicht. Auf der Grundlage des EG-Vertrags, der zum schrittweisen Aufbau eines Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts die Annahme von Maßnahmen in den Bereichen Asyl, Einwanderung und zum Schutz der Rechte von Drittstaatsangehörigen vorsieht, sind im Zeitraum von November 2002 bis Dezember 2005 elf Richtlinien der Europäischen Gemeinschaft aus dem Bereich des Ausländer- und Asylrechts erlassen worden, die in nationales Recht umgesetzt werden müssen.
War das Einwanderungsrecht der EU zunächst auf die Konkretisierung der Bewegungsfreiheit der Bürger der Europäischen Gemeinschaften begrenzt, ist dieser Bereich mit dem Vertrag von Amsterdam auf das Ausländerrecht für Drittstaatsangehörige erweitert worden. Aufgrund des primärrechtlichen Auftrags sollten innerhalb von fünf Jahren nach Inkrafttreten des Amsterdamer Vertrags (Art. 61, 63 EG: bis Mai 2004) Normen für eine gemeinsame Visapolitik, gemeinsame Kriterien für die Prüfungszuständigkeit bei Asylanträgen, Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern, gemeinsame Normen für das Asylanerkennungsverfahren, gemeinsame Vorschriften für die Anerkennung von Flüchtlingen sowie Mindestvorschriften über den vorübergehenden Schutz von Flüchtlingen (sog. temporary protection) und von Personen, die anderweitigen internationalen Schutz benötigen (international protection) und schließlich eine ausgewogene Verteilung der auf die Aufnahmeländer anfallenden Lasten erlassen werden. Ferner enthält der Amsterdamer Vertrag Harmonisierungsermächtigungen in den Bereichen der Einwanderung hinsichtlich eines langfristigen Aufenthalts, der Familienzusammenführung sowie der illegalen Einwanderung und des illegalen Aufenthalts (Art. 62 Abs. 1 Nr. 3 EG).
In diesem rechtlichen und historischen Kontext fällt das 2. Änderungsgesetz, mit dem die Richtlinien der Europäischen Gemeinschaft in nationales Recht umgesetzt werden sollen. Nachdem die Umsetzungsfrist einiger Richtlinien bereits abgelaufen oder demnächst auslaufen wird, kommt der Gesetzentwurf nicht überraschend. Bereits im April 2005 war die Umsetzung der Richtlinien in nationales Recht in einem Entwurf des Bundesinnenministeriums zusammengefasst worden. Wegen der anberaumten Neuwahl des Bundestages konnte dieser Entwurf nicht mehr in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht werden. Er liegt dem nunmehr unterbreiteten Entwurf eines 2. Änderungsgesetzes zum Aufenthaltsgesetz und anderer Gesetze zugrunde.
Der Gesetzentwurf dient der vollständigen bzw. weiteren Umsetzung der folgenden Richtlinien in das innerstaatliche Recht:
* Richtlinie 2002/90/EG des Rates vom 28. November 2002 zur Definition der Beihilfe zur unerlaubten Ein- und Durchreise und zum unerlaubten Aufenthalt (ABl. EG Nr. L 328 S. 17),
* Richtlinie 2003/86/EG des Rates vom 22. September 2003 betreffend das Recht auf Familienzusammenführung („Richtlinie Familiennachzug“ ABl. EU Nr. L 251, S. 12),
* Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321, S. 26),
* Richtlinie 2003/1 09/EG des Rates vom 25. November 2003 betreffend die Rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen („Richtlinie langfristig Aufenthaltsberechtigte“ ABl. EU 2004 Nr. L 16, S. 44),
* Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten der Europäischen Union frei zu bewegen und aufzuhalten, zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 und zur Aufhebung der Richtlinien 64/221/EWG, 68/380/EWG, 72/194/EWG, 73/148/EWG, 75/34/EWG, 75/35/EWG, 90/364/EWG, 90/365/EWG und 93/96/EWG („Freizügigkeitsrichtlinie“ ABl. EU Nr. L 229, S. 35),
* Richtlinie 2004/81/EG vom 29. April 2004 über die Erteilung von Aufenthaltstiteln für Drittstaatsangehörige, die Opfer des Menschenhandels sind oder denen Beihilfe zur illegalen Einwanderung geleistet wurde und die mit den zu-ständigen Behörden kooperieren („Opferschutzrichtlinie“ ABl. EU Nr. L 261, S. 19),
* Richtlinie 2003/9/EG des Rates vom 27. Januar 2003 zur Festlegung von Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union („Richtlinie Aufnahmebedingungen“ ABl. EU Nr. L 31, S. 18),
* Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes („Qualifikationsrichtlinie“ ABl. EU Nr. L 304, S. 12),
* Richtlinie 2004/114/EG des Rates vom 13. Dezember 2004 über die Bedingungen für die Zulassung von Drittstaatsangehörigen zwecks Absolvierung eines Studiums oder Teilnahme an einem Schüleraustausch, einer unbezahlten Ausbildungsmaßnahme oder einem Freiwilligendienst („Studentenrichtlinie„ ABl. EU Nr. L 375, S. 12),
* Richtlinie 2005/71/EG des Rates vom 12. Oktober 2005 über ein besonderes Zulassungsverfahren für Drittstaatsangehörige zum Zwecke der wissenschaftlichen Forschung („Forscherrichtlinie“ ABl. EU Nr. L 289, S. 15),
* Richtlinie 2005/85/EG des Rates vom 1. Dezember 2005 über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft („Verfahrensrichtlinie“ ABl. EU Nr. L 326, S. 13).
Die Richtlinien über den Familiennachzug und die langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen, die sog. Opferschutzrichtlinie, die „Studentenrichtlinie“ und die „Forscherrichtlinie“ dienen der Harmonisierung der Bedingungen für die Zulassung und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen. Die Richtlinie zur Definition der Beihilfe zur unerlaubten Ein- und Durchreise und zum unerlaubten Aufenthalt sowie die Richtlinie über Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftwege enthalten Regelungen zum Schutz und zur Bekämpfung von illegaler Einwanderung in die Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Die „Freizügigkeitsrichtlinie“ fasst zum einen die bestehenden europäischen Rechtsakte zum Recht der Unionsbürger und ihrer Familien-angehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten der Europäischen Union frei zu bewegen und aufzuhalten, zusammen und führt zum anderen neue Vorgaben zur Erleichterung der Ausübung der Freizügigkeit ein. Die zur Umsetzung anstehenden Asylrichtlinien, das sind die Qualifikationsrichtlinie, die Verfahrensrichtlinie, und die Richtlinie über die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber, stellen die zentralen Elemente der Asylrechtsharmonisierung in der Europäischen Union dar. Sie umfassen alle wesentlichen Aspekte im Asylbereich: die materiellrechtlichen Voraussetzungen der Schutzgewährung, die daran anknüpfenden Statusrechte, die Ausgestaltung des Asylverfahrens und die Lebensbedingungen der Asylbewerber.
Neben der erforderlichen Umsetzung der Richtlinien der Europäischen Gemeinschaft besteht weiterer Änderungsbedarf im Ausländer- und Asylrecht. Dieser erfasst zum Beispiel die sanktionsrechtlichen Bestimmungen im Freizügigkeitsgesetz/EU, die Sanktionsmöglichkeiten bei unerlaubt selbständiger Erwerbstätigkeit sowie die Verpflichtung zu einer Aufenthaltsanzeige für Staatsangehörige der Schweiz. Zudem wird auf Grund der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts § 33 des Aufenthaltsgesetzes geändert. Seit der Reform des Staatsangehörigkeitsrechts vom 15. Juli 1999 sind punktuelle Änderungen erforderlich geworden, denen durch eine Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes Rechnung getragen werden soll.
Der Entwurf des 2. Änderungsgesetzes als download
2. Änderungsgesetz zum ZuwG Stand 08-02-2007.pdf (1.19 MB)