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Rütli Schule Berlin: Kinder, Jugendliche und Schüler aus Familien mit Migrationshintergrund

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Welche Familien haben im Europa des 20. Jahrhundert nicht einen Migrationshintergrund?

Familien, Kinder und Jugendliche, wandern von Ost nach West, von Süd nach Nord. Schlesier, Egerländer und Sudeten kamen nach dem Krieg in die Bundesrepublik Deutschland; später Gastarbeiter aus Italien, der Türkei und der ganzen Welt; nach Öffnung der Grenzen nach Osteuropa konnten viele Deutsche Aussiedler zurück in ihre Heimat. Ostdeutsche, Polen und viele andere Europäer sind gezwungen mit ihren Familien und Kindern die Heimat zu verlassen, da es in ihren Regionen keine Arbeit gibt und so ein Leben nicht mehr möglich ist.

Bei den Geschehnissen in der Berliner Rütli-Schule oder der Schule im Wedding in der die Schulordnung das Sprechen der Deutschen Sprache auf dem Pausenhof gebietet, reden Presse und Experten von ?Migranten?, andere vorsichtig von ?Kindern und Familien mit Migrationshintergrund?. Das Wörterbuch der Microsoft Software Word (Windows XP) kennt weder ?Migranten? noch ?Migrationshintergrund?.

Familien mit Migrationshintergrund in Deutschland

Mein Vater musste Ende 1945, kurz bevor die Russen von Osten her Deutschland von Hitler befreiten und die Engländer in Dresden den Glauben an den Endsieg in der Deutschen Bevölkerung begruben, migrieren. Es verschlug Ihn und seine Familie nach Friedberg in Nordhessen, wo Elvis später seinen Militärdienst leistete. Er lernte zwar Rock Žn Roll tanzen, fiel aber wegen seiner Sprache auf. Er brauchte eine Weile, Hessisch zu lernen. Sprachkurse für Migranten gab es damals noch nicht. Die Mitschüler neckten ihn deshalb. Man wusste, dass Migranten ? wie später die Spätaussiedler ?Starthilfen bekamen und so etwas besser leben konnten, als andere. Dass die Flüchtlinge, Ihre Heimat preisgegeben hatten und nicht nur Haus und Hof, sondern auch den Teddy und den Lieblingsschlafanzug verloren hatten, ließen die Mitschüler und deren Eltern ohne Migrationshintergrund nicht gelten. Gleiches Unverständnis wurde den Spätaussiedlern in den 1990er Jahren entgegengebracht.

Ich nahm diese Geschichten das erste Mal richig war, als ich so etwa 10 Jahre alt war. Wir waren gerade von Darmstadt nach Melsungen in Nordhessen migriert, weil mein Vater dort Arbeit gefunden hatte. Ich war in Berlin geboren, weil mein Vater dort Arbeit hatte und hatte mir in Darmstadt eine kleine Heimat aufgebaut ? Kindergarten, Fahrradfahren, ein See zum Schlittschulaufen im Winter und zum Baden im Sommer, Fußball in der Toreinfahrt und zwei Jahre Grundschule. Mein Vater konnte mir in Darmstadt nicht zeigen, wo er zur Schule gegangen war oder in welcher Kirche er getauft wurde, er konnte es mir gar nicht zeigen ohne ein Visum. Meine Mutter auch nicht, die kam aus Berlin. Meine Schwester war in Frankfurt geboren, weil mein Vater dort gerade Arbeit hatte. Wurzeln hatte in Darmstadt niemand so richtig in dieser Familie mit Migrationshintergrund. Auch Südhessisch sprachen wir nicht.

Da ich aber nun auch nicht so schnell Nordhessisch lernen konnte, wurden mir bei Benutzung des Schulbusses Prügel angedroht. Wir waren in Nordhessen nur zugezogene. Zum Glück waren wir nicht schwarz, hörten keine Orientalische Musik und gewöhnten uns schnell an die in dieser Region übliche harte ?ahle Worscht?. Insgesamt schafften wir es, dort Fuß zu fassen. Mein Vater, der im April 67 geworden wäre, ruht in Frieden auf dem Waldfriedhof, mit Blick auf das Haus, dass er dort baute, nach dem auch er das Gefühl hatte, ein Zuhause zu haben. Meine Schwester blieb nur 5 Jahre und zog dann zum Studium nach Bayern. Ich verließ die Gegend nach 10 Jahren in Richtung Berlin, wo ich während 7 Jahren fast ausschließlich junge Menschen mit Migrationshintergund kennen lernte. Sie kamen aus Bayern und Schwaben, Russland und der USA ? einem Land in dem in der Verwaltung und bei Gerichten Spanisch gesprochen wir, weil über 15% der Einwohner einen spanischen (lateinamerikanischen) Migrationshintergrund haben und selbst der konservative Präsident George Busch Reden auf Spanisch hält. Ich heiratete schließlich eine Engländerin und gründete eine Familie.


Familien mit Migrationshintergrund in Berlin

Als wir in Pankow beim Standesamt erklären wollten, dass wir das Sorgerecht für unsere Tochter gemeinsam ausüben wollten, las man meiner Frau, die Deutschen seit 15 Jahren in Deutschland Englisch unterrichtet, damit diese gut vorbereitet wegen der Arbeit migrieren oder in Indien Arbeitskräfte betreuen könnten die Erklärung betont langsam und deutlich vor: ?Haben Sie det vastanden Frau Johnes, sie müssen von Herrn Renna jedetmal das Einvaständnis haben, wenn Sie nach Großbritannjen reisen wollen!? Die Beamtin hatte mit Ausländern erst seit 15 Jahren zu tun. Im Osten wohnten die ?Fidjis? ja in Wohnheimen. Sie kamen meistens aus Vietnam, wuren aber generell als ?Fidjis? bezeichnet.

Wir sind nach Karlsruhe in Baden gezogen. Ein wahrer Schmelztiegel für Familien mit Migrationshintergrund. Meine Frau hatte etwas Schwierigkeiten, die Bäckerinnen zu verstehen ? vor allem wenn sie mit falschem Casus ?Schöner Tag? wünschen. So oft wie Badisch hört sie hier, in einer ausgesprochen multikulturellen Region Europas aber auch Sächsisch ? wegen der guten Situation auf dem Arbeitsmarkt. Meine Tochter kann genau so gut ?Maultäschle? wie ?strawberry? sagen ? die Cousine meines Vaters aus Glauchau in Sachsen begrüßt sie mit ?Nu Riddoh!? (Rita) ? das mussten wir ihr aber beibringen, da wir so selten driehm sind. Vielleicht wir es Ihr helfen, wenn ihr chinesischer Boss in Dresden seinen Auslandsaufenthalt hatte.

Es gibt hier viele Ausländer, die hier seit Jahren leben. Andere zogen wieder zurück. Das merkten wir zuletzt bei einem Urlaub auf Sizilien. In der kleinen Küstenstadt Menfi schienen alle Karlsruhe und Ettlingen besser zu kennen als wir: Unser Vermieter schaffte hier von 1974-1980, während meiner Zeit in Darmstadt. Auf dem Spielplatz traf ich 10Jährige, die mich auf Badisch fragten, was wir hier denn verloren hätten. Sie waren hier zur Schule gegangen und ihre Eltern wegen der Arbeit wieder nach Sizilien zurückgekehrt. Schnell waren wir in jeder Eisdiele Il Tedesco und La Inglesa und wurden mit ?Grüß Gott, isch nett hier, gell!? begrüßt. Wir hatten etwas Schwierigkeiten, die Italiener zu verstehen, wegen des Badischen ? Italienisch sprechen wir fließend.

Es hat den Anschein, als gäbe es sehr viele Kinder, Jugendliche, Schüler und Familien mit Migrationshintergrund in Deutschland, Europa und der ganzen Welt. Es ist an der Zeit, dass wir das alle erkennen und offen, locker und konsequent damit umgehen. Es ist kein Problem ? es ist unser Alltag.

Kunstprojekt zu Familien mit Migrationshintergrund