Mit seinem Eilverfahren hat das Bundesverfassungsgericht am 17.04.2015 (2 BvR 602/15) eine Rückführung einer Familie nach Italien gestoppt. Verwaltungsgerichte können eine Rückführung von Familien mit Kleinstkindern nach Italien nicht allein darauf stützen, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge im verwaltungsgerichtlichen Prozess lediglich erklärt, es werde eine Zusicherung der italienischen Behörden einholen, dass die Familie in Italien eine gesicherte Unterkunft für alle Familienmitglieder erhalten.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschlüsse der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 17. September 2014 - 2 BvR 939/14 -, NVwZ 2014, S. 1511, 2 BvR 732/14 und 2 BvR 1795/14, jeweils juris sowie 2 BvR 991/14) und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR <GK>, Tarakhel v. Schweiz, Urteil vom 4. November 2014, Nr. 29217/12, NVwZ 2015, S. 127) muss bei der Abschiebung von Familien mit Kleinstkindern nach Italien vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge eine konkrete und einzelfallbezogene Zusicherung der italienischen Behörden eingeholt werden, dass die Familie in Italien eine gesicherte Unterkunft für alle Familienmitglieder erhalten werde.
Diese Anforderungen erfüllt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nicht allein durch die Erklärung, dass es eine solche Zusicherung der italienischen Behörden einholen und ohne diese eine Überstellung nicht veranlassen werde. Allein diese Erklärung in einem einstweiligen Rechtsschutzsystem reicht nicht aus, ein Rechtsschutzbegehren auch ohne Überprüfung der im Einzelfall vorgelegten Zusicherung allein im Hinblick auf eine derartige vom Bundesamt abgegebene Erklärung zurückzuweisen.
Das Bundesverfassungsgericht hält insoweit für klärungsbedürftig, ob es nicht auch Aufgabe der Verwaltungsgerichtsbarkeit ist, in jedem konkreten Einzelfall die Zusicherung der italienischen Behörden darauf zu prüfen, ob es den erforderlichen Anforderungen genüge. „Die danach gebotene Abwägung führt zum Erlass der einstweiligen Anordnung. Den Beschwerdeführern droht durch den Vollzug der Abschiebung ein schwerer und nicht ohne weiteres wiedergutzumachender Nachteil. Demgegenüber wiegen etwaige Nachteile, die durch den auf überschaubare Zeit verlängerten Aufenthalt der Beschwerdeführer in Deutschland entstehen, weniger schwer.“
10.05.2015