Der Bundesfinanzhof hat mit einer Entscheidung vom 17. Juni 2010 ( BFH Kindergeld für Flüchtlinge in Gemeinschaftsunterkuft) eine grundlegende Frage hinsichtlich der Gewährung von Kindergeld geklärt. Er entschied, dass ein türkischer Staatsangehöriger, der während seines laufenden Asylverfahrens in einer Gemeinschaftsunterkunft lebte und Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhielt, nach einem zeitlich zusammenhängenden Aufenthalt von mehr als sechs Monaten Anspruch auf Kindergeld hat.
Dem Kläger war der Anspruch auf Kindergeld unter Berufung auf eine Geschäftsanweisung der Bundesagentur für Arbeit abgelehnt worden, weil er nicht über eine eigene Wohnung verfüge.
Der BFH verpflichtete die Familienkasse, dem Kläger Kindergeld zu gewähren. Art. 2 Abs. 1 Buchst. d des am 11. Dezember 1995 u.a. von der Bundesrepublik Deutschland und der Türkei unterzeichneten vorläufigen Europäischen Abkommens über die Systeme der sozialen Sicherheit für den Fall des Alters, der Invalidität und zugunsten der Hinterbliebenen ( Vorläufiges Abkommen über die Soziale Sicherheit - Inkrafttreten : 1. Juli 1954) gebiete eine Gleichstellung des Klägers mit Inländern. Der in der deutschen Fassung des Abkommens verwendete Begriff des Wohnens sei unter Berücksichtigung der verbindlichen englischen Sprachfassungen des Abkommens nicht dahin auszulegen, dass eine eigene Wohnung bewohnt werden müsse. Daher könne sich der Kläger auf § 62 Abs. 1 Nr. 1 EStG berufen.
Die Entscheidung und das Abkommen stehen Mitgliedern als Download zur Verfügung.