BVerfG zur Inanspruchnahme von Amtshilfe bei Haftantragstellung

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Das BVerfG hob mit Beschl. v. 13.07.2011 - 2 BvR 742/10 - die Entscheidung des OLG Hamburg auf.

Der Beschwerdeführer ist türkischer Staatsangehöriger. Nach einem erfolglosen Asylantrag und einer Zurückschiebung nach Dänemark im Jahre 2002 reiste er 2009 erneut nach Deutschland ein. Am 27. Juli 2009 wurde er in Hamburg vorläufig festgenommen. Wegen des Verdachts der unerlaubten Einreise und des unerlaubten Aufenthalts wurde gegen ihn ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren
eingeleitet, in welchem am 28. Juli 2009 Haftbefehl erging.
Die aufgrund des früheren Asylantrages des Beschwerdeführers zuständige Ausländerbehörde des Kreises Unna bat die Hamburger Ausländerbehörde mit Schreiben vom 3. August 2009, "die Abschiebung des Betroffenen in Amtshilfe zu organisieren, ggf. die Haft zur Sicherung der Abschiebung zu beantragen und wenn notwendig die Passersatzpapierbeschaffung einzuleiten". Auf Antrag der
Hamburger Ausländerbehörde ordnete das Amtsgericht Hamburg gegen den Beschwerdeführer daraufhin mit Beschluss vom 14. August 2009 die Sicherungshaft nach § 62 Abs. 2 AufenthG an.

Dazu führte das BVerfG aus:

Die Amtshilfe umfasst nur eine auf Ersuchen einer anderen Behörde geleistete ergänzende Hilfe. Daraus ergibt sich, dass Amtshilfe notwendig auf bestimmte Teilakte eines Verwaltungsverfahrens begrenzt ist und nicht mit einer vollständigen Übernahme von Verwaltungsaufgaben einhergehen darf. Auch aus verfassungsrechtlicher Sicht geht die dem Grundsatz nach in Art. 35 Abs. 1 GG normierte Amtshilfe nicht über eine Aushilfe im Einzelfall hinaus. Amtshilfe besteht demnach in dem lediglich ergänzenden Beistand, den eine Behörde einer anderen leistet, um dieser die Durchführung ihrer öffentlichen Aufgaben zu ermöglichen oder zu erleichtern. Sie beschränkt sich auf ein punktuelles Zusammenwirken mit Ausnahmecharakter (BVerfG, B. v. 13.07.2011 - 2 BvR 742/10 -, unter Hinweis auf Winkelmann in MNet, s.u. Dokument).

Insbesondere wurde betont, dass nichts dafür ersichtlich war, dass es für die Ausländerbehördedes des Kreises Unna einen unverhältnismäßigen Aufwand bedeutet hätte, selbst den Haftantrag zu stellen. Die Übermittlung des schriftlichen Haftantrages an das Amtsgericht Hamburg - etwa per Telefax - wäre für sie nicht mit größerem Aufwand verbunden gewesen als für die Hamburger Ausländerbehörde.

Einsender und Prozessbevollmächtigter:

Rechtsanwalt Ünal Zeran,
Schulterblatt 124,
20357 Hamburg

Zum Volltext in der Gesamtkommentierung:

icon Zu den Anforderungen an die örtliche Zuständigkeit haftantragstellender Behörden (535 kB 2011-08-05 23:12:41)