Zuständigkeitsregelung in Baden-Württemberg für Aufenthaltsbeendigung bei Unionsbürgern wirksam

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Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat mit Urteil vom 28. Juni 2011 (BVerwG 1 C 18.10) entschieden, dass die nur in Baden-Württemberg geltende Zuständigkeitskonzentration bei den Regierungspräsidien für die Aufenthaltsbeendigung von Unionsbürgern (sog. Verlustfeststellung) rechtlich nicht zu beanstanden ist.

Der Entscheidung liegt der Fall eines italienischen Staatsangehörigen zugrunde, der seit 1972 in Deutschland lebt, mit einer deutschen Staatsangehörigen verheiratet war und aus dieser Ehe zwei Töchter hat. 2005 wurde er zu einer 10-jährigen Freiheitsstrafe verurteilt. Das Regierungspräsidium Karlsruhe hat die Verurteilung zum Anlass genommen, den Verlust seines Rechts auf Aufenthalt in Deutschland festzustellen.

Das Verwaltungsgericht Karlsruhe und der Verwaltungsgerichtshof Mannheim haben der Klage gegen die Verlustfeststellung stattgegeben. Der Verwaltungsgerichtshof hat dies damit begründet, dass das Regierungspräsidium für die Entscheidung nicht zuständig sei. Die baden-württembergische Zuständigkeitsverordnung sei insoweit unwirksam. Sie sei auf § 71 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) gestützt. Diese Vorschrift erlaube zwar eine ausländerbehördliche Zuständigkeitskonzentration. Sie sei im Rahmen des für Unionsbürger geltenden Freizügigkeitsgesetzes/EU aber nicht anwendbar. Vorschriften des Aufenthaltsgesetzes fänden dort nur Anwendung, wenn im Freizügigkeitsgesetz ausdrücklich auf sie verwiesen werde. Das treffe für die Zuständigkeitsregelung in § 71 Abs. 1 AufenthG nicht zu.

Dem ist der 1. Revisionssenat des Bundesverwaltungsgerichts nicht gefolgt. Zwar findet das Aufenthaltsgesetz nach seinem § 1 Abs. 2 Nr. 1 grundsätzlich keine Anwendung auf Unionsbürger. Dies steht nach der genannten Vorschrift aber unter dem Vorbehalt, dass nicht durch Gesetz etwas anderes bestimmt ist. Eine solche gesetzliche Regelung ist § 71 Abs. 1 AufenthG. Die Vorschrift enthält ausdrücklich eine über das Aufenthaltsgesetz hinausgehende, generalklauselartige Kompetenzzuweisung, die auch aufenthaltsrechtliche Maßnahmen nach dem Freizügigkeitsgesetz erfasst. Einer Rückverweisung des Freizügigkeitsgesetzes in das Aufenthaltsgesetz bedurfte es deshalb nicht.

Das Bundesverwaltungsgericht hat das Verfahren an den Verwaltungsgerichtshof zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen, um die materielle Rechtmäßigkeit der Verlustfeststellung zu klären.

BVerwG