Humanitäre Aufenthaltserlaubnis beseitigt Sperrwirkung einer Ausweisung nicht vollständig

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Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat mit Urteil vom 13. April 2010 (BVerwG 1 C 5.09) die bisher offene Frage geklärt, inwieweit die Erteilung einer humanitären Aufenthaltserlaubnis die gesetzlich angeordnete Sperrwirkung einer Ausweisung beseitigt.

Die Regelung über die Sperrwirkung in § 11 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) sieht u.a. vor, dass einem Ausländer, der ausgewiesen worden ist, kein Aufenthaltstitel erteilt werden darf. Abweichend von dieser Regelung kann einem Ausländer, der ausreisepflichtig ist, dessen Ausreise aber ohne sein Verschulden auf absehbare Zeit nicht möglich ist, aus humanitären Gründen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden (§ 25 Abs. 5 AufenthG).

Der Entscheidung liegt der Fall einer aus Ghana stammenden, unverheirateten, inzwischen 39-jährigen Klägerin zugrunde, die Mitte der 90er Jahre nach Deutschland gekommen ist und hier unter Angabe eines falschen Herkunftslandes erfolglos ein Asylverfahren betrieben hat. Im Jahre 2003 wurde sie wegen verschiedener Verstöße gegen das Ausländerrecht ausgewiesen. Anlässlich der Geburt ihrer beiden Kinder, die wegen des verfestigten Aufenthalts des Vaters die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, wurde der Klägerin eine humanitäre Aufenthaltserlaubnis erteilt und jeweils befristet verlängert. Ihr Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus familiären Gründen wurde unter Hinweis auf die Sperrwirkung der Ausweisung abgelehnt. Ihre Klage hiergegen blieb in den Vorinstanzen erfolglos.

Der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts hat die Revision der Klägerin zurückgewiesen. Er hat entschieden, dass die Erteilung einer humanitären Aufenthaltserlaubnis die Sperrwirkung einer Ausweisung nicht vollständig, sondern nur insoweit beseitigt, als es um die Erteilung weiterer Aufenthaltserlaubnisse aus humanitären, völkerrechtlichen oder politischen Gründen geht. Die in § 25 Abs. 5 AufenthG vorgesehene Möglichkeit, trotz der Sperrwirkung einer Ausweisung eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, stellt nach der gesetzlichen Konzeption eine Ausnahme dar. Sie kann die grundsätzliche Sperrwirkung und die Notwendigkeit ihrer Aufhebung in einem besonderen Befristungsverfahren (§ 11 Abs. 1 S. 3 AufenthG) nicht in Frage stellen. Andernfalls stünde bei der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG nicht die Berücksichtigung humanitärer Gründe, sondern die Entscheidung über die generelle Aufhebung der Sperrwirkung im Vordergrund. Dies widerspricht der spezifischen Funktion der Vorschrift, einem Ausländer trotz etwaiger ordnungsrechtlicher Bedenken eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, weil er seiner Ausreisepflicht nicht nachkommen kann und ihm erspart werden soll, womöglich über Jahre lediglich geduldet zu werden.

Aus prozessualen Gründen war nicht Gegenstand des Verfahrens, ob die Ausländerbehörde gehalten war, auf den Antrag der Klägerin, ihr eine Aufenthaltserlaubnis aus familiären Gründen zu erteilen, zugleich über die Befristung der Sperrwirkung zu entscheiden. Das Bundesverwaltungsgericht hat allerdings darauf hingewiesen, dass angesichts der beiden Kinder der Klägerin und der ihr erteilten humanitären Aufenthaltserlaubnis eine Befristung der Sperrwirkung auch ohne vorherige Ausreise der Klägerin in Betracht kommt.

Quelle: Presseerklärung des BVerwG