Die gesetzliche Sperrwirkung einer Ausweisung für die Wiedereinreise eines Ausländers nach Deutschland und für die Erteilung eines neuen Aufenthaltstitels kann auf Null befristet werden, wenn der präventive Zweck der Ausweisung erfüllt ist, insbesondere von dem Ausländer keine Gefahr mehr ausgeht. Einer Ausreise des Ausländers bedarf es dazu nicht. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig am 6. März 2014 (BVerwG 1 C 2.13 und 1 C 5.13) entschieden.
Der Entscheidung lag der Fall eines Staatsangehörigen von Sri Lanka zugrunde, der als Flüchtling anerkannt ist. Dieser wurde im Jahr 2000 wegen bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Im März 2001 wurde er unbefristet ausgewiesen. Zu einer Abschiebung kam es wegen der Flüchtlingseigenschaft des Klägers nicht. Der Kläger lebte nach der Haftentlassung durchgängig mit seiner Familie im Bundesgebiet, zunächst auf der Grundlage von Duldungen, bevor er eine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen nach § 25 Abs. 5 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) erhielt. Im Jahr 2010 beantragte er die Befristung der Wirkungen der Ausweisung auf Null. Daraufhin befristete der Beklagte im Dezember 2010 die Wirkungen der Ausweisung auf ein Jahr, beginnend mit dem Zeitpunkt der Ausreise. Der Kläger verfolgte sein Befristungsbegehren auf Null im Klagewege weiter und war beim Verwaltungsgericht und dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg erfolgreich, weil der präventive Zweck der Ausweisung nach zehn Jahren Straflosigkeit zwischenzeitlich entfallen sei. Das beklagte Land Baden-Württemberg machte mit seiner Revision geltend, dass die Frist für den Lauf der Sperre erst mit Ausreise des Ausländers zu laufen beginne. Das Ausreiseerfordernis dürfe auch nicht durch eine Befristung auf Null unterlaufen werden.
Der 1. Revisionssenat des Bundesverwaltungsgerichts hat die Revision zurückgewiesen. Die Sperrwirkung des § 11 Abs. 1 AufenthG dient vor allem der Abwehr von Gefahren, die von dem Ausländer für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgehen. Sie ist auf Antrag des Betroffenen aufzuheben, wenn die Gefahr nicht mehr besteht. Dies war hier nach den Feststellungen der Vorinstanzen der Fall. Der Kläger hat sich seit seiner Verurteilung im Jahr 2000 straffrei geführt und lebt mit seiner Lebensgefährtin und seinen drei minderjährigen Kindern in familiärer Gemeinschaft. Die Gefahr der Begehung erneuter Straftaten geht von ihm nicht mehr aus. Er hat damit einen Anspruch auf Befristung der Wirkungen auf Null. Mangels Fristsetzung bedarf es dann auch keiner Ausreise. Der Kläger hat auch ein Rechtsschutzbedürfnis für sein Befristungsbegehren. Denn die ihm erteilte Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG hebt nicht die besondere Titelerteilungssperre für eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG auf, die schneller zu einer Aufenthaltsverfestigung führt. Der Senat hat seine bisherige Rechtsprechung zur Wirkung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG für besondere Erteilungssperren eingeschränkt.
Quelle: Presserklärung des BVerwG vom 06. März 2014