Keine Einbürgerung trotz „Entmakelung" der Jugendstrafe

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Das Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt in Leip­zig hat mit Urteil vom 5. Juni 2014 (BVerwG  10 C 4.14) ent­schie­den dass im Ein­bür­ge­rungs­ver­fah­ren die Ver­ur­tei­lung zu einer Ju­gend­stra­fe auch dann zu be­rück­sich­ti­gen  ist, wenn das Ju­gend­ge­richt nach­träg­lich die Be­sei­ti­gung des Straf­ma­kels der Ju­gend­stra­fe an­ge­ord­net hat.

Der Ent­schei­dung liegt der Fall eines in­zwi­schen 31 Jahre alten tür­ki­schen Staats­an­ge­hö­ri­gen zu­grun­de, der die Er­tei­lung einer Ein­bür­ge­rungs­zu­si­che­rung be­gehrt. Eine von der Staats­an­ge­hö­rig­keits­be­hör­de ein­ge­hol­te Aus­kunft aus dem Bun­des­zen­tral­re­gis­ter ergab le­dig­lich, dass er 2007 zu einer Geld­stra­fe von 60 Ta­ges­sät­zen ver­ur­teilt wor­den war. Dar­über hin­aus er­lang­te die Be­hör­de aus der bei­ge­zo­ge­nen Aus­län­der­ak­te davon Kennt­nis, dass der Klä­ger 2002 zu einer Ju­gend­stra­fe von zehn Mo­na­ten ver­ur­teilt wor­den war, deren Voll­stre­ckung zur Be­wäh­rung aus­ge­setzt wurde. Diese Stra­fe wurde 2005 nach Ab­lauf der Be­wäh­rungs­zeit vom Ju­gend­ge­richt er­las­sen und der Straf­ma­kel der Ver­ur­tei­lung nach dem Ju­gend­ge­richts­ge­setz für be­sei­tigt er­klärt. Der Be­klag­te lehn­te die Er­tei­lung einer Ein­bür­ge­rungs­zu­si­che­rung wegen der Ver­ur­tei­lun­gen ab. Die vom Klä­ger er­ho­be­ne Klage blieb in den Vor­in­stan­zen ohne Er­folg.

Der 10. Re­vi­si­ons­se­nat des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts hat die Ent­schei­dun­gen der Vor­in­stan­zen be­stä­tigt. Die Ver­ur­tei­lung zu einer Ju­gend­stra­fe steht einer An­spruchs­ein­bür­ge­rung ma­te­ri­ell­recht­lich zwin­gend ent­ge­gen. Die Staats­an­ge­hö­rig­keits­be­hör­de durf­te die ihr durch die bei­ge­zo­ge­ne Aus­län­der­ak­te be­kannt ge­wor­de­ne Ver­ur­tei­lung des Klä­gers auch be­rück­sich­ti­gen. Al­lein die Be­sei­ti­gung des Straf­ma­kels durch das Ju­gend­ge­richt nach Ab­lauf der Be­wäh­rung und Er­lass der Ju­gend­stra­fe be­grün­de­te kein ma­te­ri­el­les Ver­wer­tungs­ver­bot. Die Ent­ma­ke­lung hatte zwar zur Folge, dass die Re­gis­ter­be­hör­de der Staats­an­ge­hö­rig­keits­be­hör­de diese Ver­ur­tei­lung nicht mehr mit­tei­len durf­te. Ein ma­te­ri­el­les Ver­wer­tungs­ver­bot ent­steht aber erst mit der Til­gung aus dem Re­gis­ter, die hier bei wei­te­rer Straf­frei­heit erst 2017 er­fol­gen wird. Das for­mel­le Über­mitt­lungs­ver­bot der Re­gis­ter­be­hör­de steht der Be­rück­sich­ti­gung der Ver­ur­tei­lung im Ein­bür­ge­rungs­ver­fah­ren dann nicht ent­ge­gen, wenn die Staats­an­ge­hö­rig­keits­be­hör­de von der Ver­ur­tei­lung auf an­de­rem Wege recht­mä­ßig Kennt­nis er­langt hat. Hier hat die Be­hör­de über die Aus­län­der­ak­te von der Ver­ur­tei­lung er­fah­ren. So­wohl die Un­ter­rich­tung der Aus­län­der­be­hör­de durch die Straf­ver­fol­gungs­be­hör­den als auch die Wei­ter­ga­be die­ser In­for­ma­tio­nen durch die Aus­län­der­be­hör­de an die Staats­an­ge­hö­rig­keits­be­hör­de stan­den im Ein­klang mit den ein­schlä­gi­gen auf­ent­halts- und staats­an­ge­hö­rig­keits­recht­li­chen Be­stim­mun­gen über die Er­he­bung, Spei­che­rung und Wei­ter­ga­be per­so­nen­be­zo­ge­ner Daten. Ins­be­son­de­re war die Aus­län­der­be­hör­de nicht ver­pflich­tet, vor der Wei­ter­ga­be ihrer Akten an die Staats­an­ge­hö­rig­keits­be­hör­de das Straf­ur­teil aus dem Jahre 2002 aus der Aus­län­der­ak­te zu ent­fer­nen. Auch die Ent­ma­ke­lung der Ju­gend­stra­fe gebot dies nicht.

Quelle: Presseerklärung des BVerwG vom 5. Juni 2014