Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat am 18. Februar 2008 beschlossen, dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in Luxemburg (EuGH) Fragen zum Verlust der Unionsbürgerschaft als Folge der Rücknahme einer Einbürgerung in den deutschen Staatsverband zur Vorabentscheidung vorzulegen.
Der Kläger, ein früherer österreichischer Staatsangehöriger, wendet sich in dem nun ausgesetzten Revisionsverfahren gegen die rückwirkende Rücknahme seiner Anfang 1999 erfolgten Einbürgerung als Deutscher wegen Täuschung. Nach Zurückverweisung an den Verwaltungsgerichtshof und erneuter Bestätigung der Rücknahme haben die Beteiligten in der zweiten Revisionsverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 12. November 2007 einen widerruflichen Vergleich abgeschlossen, den der beklagte Freistaat Bayern widerrufen hat (vgl. die Terminübersicht vom 12. November 2007 unter Hinweis auf das erste Revisionsurteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. Juni 2003 – BVerwG 1 C 19.02 – BVerwGE 118, 216 und die Pressemitteilung Nr. 26/2003 hierzu vom 3. Juni 2003).
Das Bundesverwaltungsgericht hat ausgeführt, dass die vom Verwaltungsgerichtshof erneut geprüfte und bestätigte Rücknahme der Einbürgerung des Klägers an sich dem deutschen Recht entspreche. Art. 48 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (BayVwVfG) bilde hier eine ausreichende Rechtsgrundlage für die ausgesprochene Rücknahme. Die Besonderheit des Falles liege darin, dass der Kläger infolge der Einbürgerung als Deutscher seine österreichische Staatsangehörigkeit und die daraus abgeleitete Unionsbürgerschaft verloren habe. Für diesen Sonderfall sei jedoch nicht hinreichend klar, ob sich das Berufungsurteil und die angefochtene behördliche Ermessensentscheidung im Hinblick auf den eintretenden Verlust der Unionsbürgerschaft auch mit dem Gemeinschaftsrecht, insbesondere mit Art. 17 Abs. 1 EG, vereinbaren lasse.
Das Bundesverwaltungsgericht hat dem Europäischen Gerichtshof deshalb insbesondere die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, "ob Gemeinschaftsrecht der Rechtsfolge des Verlusts der Unionsbürgerschaft (und der mit dieser verbundenen Rechte und Grundfreiheiten) entgegensteht, der sich daraus ergibt, dass eine nach nationalem (deutschem) Recht an sich rechtmäßige Rücknahme einer durch arglistige Täuschung erschlichenen Einbürgerung in den Staatsverband eines Mitgliedstaats (Deutschland) dazu führt, dass im Zusammenwirken mit dem nationalen Staatsangehörigkeitsrecht eines anderen Mitgliedstaats (Österreich) – wie hier im Falle des Klägers infolge des Nichtwiederauflebens der ursprünglich österreichischen Staatsangehörigkeit – Staatenlosigkeit eintritt".
BVerwG 5 C 13.07 – Beschluss vom 18. Februar 2008