Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat mit seiner Entscheidung vom 20.11.2007 (Beschwerde Nr. 44294/04) geklärt, dass der Aufenthalt von Asylbewerbern räumlich beschränkt werden darf. Insbesondere verstößt die räumliche Beschränkung des Aufenthalts und die damit verbundene Residenzpflicht nicht gegen Art 2 des 4. ZP/EMRK.
Art 2 ZP4/EMRK lautet: “(1) Jede Person, die sich rechtmäßig im Hoheitsgebiet eines Staates aufhält, hat das Recht, sich dort frei zu bewegen und ihren Wohnsitz frei zu wählen. (...) (3) Die Ausübung dieser Rechte darf nur Einschränkungen unterworfen werden, die gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sind für die nationale oder öffentliche Sicherheit, zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, zur Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit oder der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer. (4) Die in Absatz 1 anerkannten Rechte können ferner für bestimmte Gebiete Einschränkungen unterworfen werden, die gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft durch das öffentliche Interesse gerechtfertigt sind.“
Das Recht des "freie Wohnsitzwahl" ist als grundlegendes Menschenrecht in Art 2 des 4. ZP/EMRK verankert. Alle Menschen, die sich rechtmäßig im Hoheitsgebiet eines Staates aufhalten, genießen das Recht, dort ihren Wohnsitz frei zu wählen und sich frei zu bewegen. Für Ausländer, die subsidiären Schutz nach Maßgabe der Qualifikationsrichtlinie (Abl. 2004 L 304, S. 12, ber. ABl. 2005 L 204, S.24) genießen, ist zudem Art 32 RL 2004/83/EG zu beachten, der jedoch ummittelbar nur das Recht auf Bewegungsfreiheit und nicht das Recht auf freie Wohnsitzwahl erfasst.
Voraussetzung des Rechtes auf freie Wahl des Wohnsitzes ist der rechtmäßige Aufenthalt im Hoheitsgebiet des Staates. Dieses Merkmal verweist auf das innerstaatliche Recht des betreffenden Staates. Der EGMR stellt in seiner Entscheidung klar, dass es dem innerstaatlichen Recht und den staatlichen Organen vorbehalten ist, die Voraussetzungen aufzustellen, die erfüllt sein müssen, damit der Aufenthalt einer Person in dem Staatsgebiet als "rechtmäßig" angesehen werden kann. Bei der Auslegung des Merkmales des rechtmäßigen Aufenthalt ist zu beachten, dass die EMRK grundsätzlich einem Ausländer kein Recht auf Einreise und Aufenthalt in ein bestimmtes Land vermittelt. Das ZP/EMRK zielt nicht darauf ab, einem Ausländer über die Vorgaben der EMRK hinaus ein Recht auf Einreise und Aufenthalt zu vermitteln, sondern knüpft an die Entscheidung des einzelnen Staates an, einem Ausländer den Aufenthalt in seinem Staatsgebiet zu gestatten. Der rechtmäßige Aufenthalt kann durch eine wohnsitzbeschränkende Auflage – anders als bei Art 26 GFK – näher definiert werden, d.h. der Aufenthalt des Betroffenen ist nur insoweit rechtmäßig, als er sich in den Grenzen des verliehenen Aufenthaltstitels bewegt.
Entscheidungsgründe des EGMR:
“The Court further reiterates that Article 2 of Protocol No. 4 secures freedom of movement to persons “lawfully within the territory of a State”.
This condition refers to the domestic law of the State concerned. It is for the domestic law and organs to lay down the conditions which must be fulfilled for a person's presence in the territory to be considered “lawful” (…). Article 2 of Protocol No. 4 cannot be interpreted as awarding an alien the right to reside or continue residing in a country of which he or she is not a citizen and it does not concern the conditions under which a person has the right to remain in a country (…).
Thus, foreigners provisionally admitted to a certain district of the territory of a State, pending proceedings to determine whether or not they are entitled to a residence permit under the relevant provisions of domestic law, can only be regarded as “lawfully” in the territory as long as they comply with the conditions to which their admission and stay are subjected … .”
Die Entscheidung steht Mitgliedern unter Rechtsprechung zum download zur Verfügung.