Urteil des EGMR in dem Fall Hode & Abdi v. The United Kingdom vom 06.11.2012.
Aus dem Urteil des EGMR vom 06.11.2012 ergibt sich Folgendes:
Ein Gesetz, das zwischen Flüchtlingen differenziert, die vor der Asylbeantragung oder erst danach geheiratet haben, verstößt gegen Art. 14 in Verbindung mit Art. 8 EMRK. Insgesamt werden 1.000 Euro für den finanziellen Schaden und 6.000 Euro für den immateriellen Schaden zugesprochen.
Dem somalischen Antragsteller war als Asylsuchendem ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht in Großbritannien gewährt worden. Ihm war nach dem im März 2006 geltendem britischen Recht eine für 5 Jahre gültige Aufenthaltserlaubnis erteilt worden, die am 16.03.2011 ablief. Er reiste im Juni 2006 nach Dschibuti, heiratete dort in 2007 und lebte in Dschibuti bis Mai 2007. Nach seiner Rückreise in Vereinigte Königreich wurde seiner dschibutischen Frau - auch nach der Geburt des gemeinsamen Sohnes im Juli 2007 - ein Nachzugsvisum mit der Begründung verwehrt, seinerzeit hätten nur zum Zeitpunkt des Asylantrags Verheiratete einen gesetzlichen Anspruch auf Familienzusammenführung gehabt. Der EGMR sieht darin eine Diskriminierung im Sinne des Art. 14 in Verbindung mit Art. 8 EMRK, die mangels Vorbringen eines legitimen Ziels auch nicht gerechtfertigt ist. Das fragliche britische Gesetz wurde bereits 2011 geändert. In der EGMR-Entscheidung vom 06.11.2012 heißt es in Ziffer 55: "Furthermore, the Court sees no justification for treating refugees who married post-flight differently from those who married pre-flight". Nach dem deutschen § 30 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 AufenthG wird allerdings eine Befreiung vom Deutsch-Erfordernis abhängig davon gewährt, ob ein anerkannter Flüchtling bereits vor der Flucht oder erst danach geheiratet hat. Diese Unterscheidung ist in Anbetracht der Ausführungen des EGMR vom 06.11.2012 -- 22341/09 – wohl nicht haltbar. Vielmehr ist die Gleichbehandlung der Ehegatten von anerkannten Flüchtlingen unabhängig davon geboten, zu welchem Zeitpunkt die Ehe geschlossen wurde.
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