EuGH stärkt Freizügigkeit von Unionsbürgern

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Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass einem Unionsbürger aufgrund Art. 18 EG unmittelbar ein Aufenthaltsrecht zustehen kann, falls er die Voraussetzungen für die Personenverkehrsfreiheiten (z. B. als Arbeitnehmer) nicht erfüllt (7.9.2004 ? C-456/02 -, Leitsatz in ZAR 2004, 370; Volltext demn. in EZAR 811 Nr. 54).

Sobald er eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, kann er unter Berufung auf Art. 12 EG eine Leistung der Sozialhilfe wie die Minimex (in Belgien) beanspruchen. Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass auch Stiefkinder eines türkischen Arbeitnehmers die Rechte aus dem Beschluss 1/80 des Assoziationsrats EWG/Türkei genießen, wenn sie die Genehmigung zum Nachzug erhalten haben (30.9.2004 ? C-275/02 -, Leitsatz in ZAR 2004, 370; Volltext demn. in EZAR 816 Nr. 16). Danach ist der Stiefsohn eines türkischenen, der entweder noch nicht 21 Jahre alt ist oder Unterhalt bezieht, kraft Assoziationsrechts (Art. 7 ARB 1/80) dazu berechtig, weiter in Deutschland zu leben und eine Anstellung als Arbeitnehmer anzunehmen oder fortzuführen.

Das Bundesverwaltungsgericht folgt dem Europäischen Gerichtshof darin, dass die Ausweisung eines freizügigkeitsberechtigten Unionsbürgers nicht auf die Ist- oder Regel-Ausweisungstatbestände des § 47 Abs. 1 AuslG gestützt werden darf (3.8.2004 ? 1 C 30.02 -, Leitsatz in ZAR 2004, 259 u. 288; Volltext demn. in EZAR 034 Nr. 17). Es genügt also nicht die Bezugnahme auf die Verurteilung wegen einer Straftat in der Vergangenheit. Notwendig sind vielmehr individuelle Ermessenserwägungen und eine aktuelle Prognose über künftig zu erwartende schwer wiegende Rechtsverstöße.

Dieselben Grundsätze hat das Bundesverwaltungsgericht im Falle eines Türken angewandt, der ein Aufenthaltsrecht nach dem Assoziationsratsbeschluss EWG/Türkei 1/80 besitzt (3.8.2004 ? 1 C 29.02 -, Leitsatz in ZAR 2004, 259 u. 288; Volltext demn. in EZAR 037 Nr. 10). Daher darf ein assoziationsberechtigter türkischer Arbeitnehmer nicht allein wegen einer Strafverurteilung ausgewiesen werden, und die Gerichte müssen bei ihrer Überprüfung auch Tatsachen berücksichtigen, sie erst nach der Ausweisung entstanden sind.


Das Bundesverwaltungsgericht hat bestätigt, dass für das Einbürgerungsverfahren im Verhältnis zu Griechenland Gegenseitigkeit besteht (20.4.2004 ? 1 C 13.03 -, Leitsatz in ZAR 2004, 328; Volltext in EZAR 278 Nr. 7). Danach kann ein Grieche in Deutschland eingebürgert werden, auch wenn er die griechische Staatsangehörigkeit weiter behält.