Urteil des EuGH in der Rs. C-430/11 "Sagor" vom 06.12.2012.
Die Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger ist dahin auszulegen,
- dass sie einer Regelung eines Mitgliedstaats wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, die den illegalen Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen mit einer Geldstrafe bestraft, die durch eine Ausweisungsstrafe ersetzt werden kann, nicht entgegensteht und
- dass sie einer Regelung eines Mitgliedstaats entgegensteht, die vorsieht, dass der illegale Aufenthalt eines Drittstaatsangehörigen mit Hausarrest bestraft werden kann, ohne sicherzustellen, dass der Vollzug dieser Strafe zu beenden ist, sobald die physische Verbringung des Betroffenen aus diesem Mitgliedstaat möglich ist.
Danach ist eine Geldstrafe jedenfalls dann unzulässig, wenn diese zur Verfahrensverzögerung führen würde, indem die Vollstreckung derselben bei Zahlungsunfähigkeit ersatzweise durch Haft erfolgt. Die Strafnorm ist erkennbar kein nach der RL zulässiges Mittel des Verwaltungszwanges - wie etwa das eines Zwangsgeldes nach § 11 VwVG. Das bedeutet, dass die vorgesehene Rückkehr unabhängig von diesem Strafverfahren und ohne, dass dieses abgeschlossen worden sein muss, vollzogen werden kann (Vorrang des Rückkehrverfahrens).
Hintergrund:
Nach italienischem Recht ist es möglich eine Geldstrafe wegen unerlaubten Aufenthalts (hier: Straßenverkauf eines Drittstaaters ohne Aufenthaltstitel) bei Zahlungsunfähigkeit und Arbeitsunwilligkeit ersatzweise durch (Haus-)Arrest von min. 6 bis max. 45 Tage tageweise, oder auch durchgehend zu vollstrecken.
Zum Urteil:
EuGH - Rs. C-430/11 "Sagor" - Urteil vom 06.12.2012
Zur Kommentierung:
Zur nationalen Umsetzung der Rückführungsrichtlinie (506.87 kB 2012-12-14 20:03:06)