OVG Lüneburg, U. v. 24.02.2104 - 11 LC 228/12 -.
- Wird eine amtsrichterliche Entscheidung über die Zulässigkeit einer polizeilichen Ingewahrsamnahme nicht getroffen, ist im Streit über die Erhebung von Gebühren für die Unterbringung im polizeilichen Gewahrsam die Rechtmäßigkeit der polizeilichen Maßnahme eine inzident zu prüfende Voraussetzung für die Gebührenpflicht.
- Der Eingriffsgrund des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Buchst. c) EMRK bietet keine ausreichende Grundlage für die Rechtfertigung einer Freiheitsentziehung im Wege eines polizeilichen Präventivgewahrsams.
- Der polizeiliche Präventivgewahrsam kann nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Buchst. b) EMRK gerechtfertigt sein.
Nach der Rechtsprechung des EGMR (Urt. v. 7.3.2013 - 15598/08 -, a.a.O., juris, Rn. 94) ist zwar erforderlich, dass der Betroffene im Vorfeld einer Ingewahrsamnahme, die ihre Rechtfertigung in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Buchst. b) EMRK finden soll, einen Warnhinweis erhält, welche Konsequenzen ein Verstoß gegen seine Verpflichtung, den Frieden durch die Nichtbegehung einer spezifischen und konkreten Straftat zu wahren, nach sich ziehen kann. Im Gefahrenabwehrrecht stehen der Polizei für eine solche Warnung regelmäßig hinreichend geeignete Maßnahmen zur Verfügung, wie zum Beispiel allgemein bei Störern die Anordnung eines Platzverweises oder in
besonderen Situationen die Wegweisung aus der Wohnung (bei häuslicher Gewalt), die Untersagung der Teilnahme bei Versammlungen oder die Durchführung von Gefährderansprachen, die Verhängung von Meldeauflagen oder die Anordnung von Aufenthaltsverboten im Zuge von (sportlichen) Großveranstaltungen, namentlich von Fußballspielen. Eines solchen Warnhinweises bedarf es ausnahmsweise nicht, wenn der Betroffene eindeutige und aktive Schritte unternommen hat, die darauf hindeuten, dass er seiner Verpflichtung, den Frieden durch die Nichtbegehung einer spezifischen und konkreten Straftat zu wahren, nicht erfüllen wird (EGMR, Urt. v. 7.3.2013 - 15598/08 -, a.a.O., juris, Rn. 94).
Quelle: juris