Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG NRW) hat am 27.07.2010 beschlossen, dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorzulegen, ob die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz mit dem Grundgesetz vereinbar sind.
Das Landessozialgericht hatte über die Klage eines alleinstehenden Mannes aus dem Irak zu entscheiden, der in einer Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber untergebracht ist und monatlich für seinen gesamten Bedarf außerhalb von Unterkunft, Heizung und Hausrat einen Betrag von 224,97 € erhielt. Im gleichen Zeitraum betrugen das Arbeitlosengeld II ("Hartz IV") oder Sozialhilfe für Alleinstehende monatlich 351,00 € zzgl. Unterkunft und Heizung.
Die Essener Richter hielten die dem Kläger zustehenden Leistungen von monatlich 224,97 € für verfassungswidrig. Sie beriefen sich zur Begründung auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu den Hartz-IV-Regelleistungen vom 09.02.2010 (Az. 1 BvL 1/09, 3/09 und 4/09). Das Verfassungsgericht hat darin ein Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums formuliert.
Das LSG entschied, der Gesetzgeber habe den Leistungsbedarf nicht in einem Verfahren bemessen, welches den Anforderungen, die das Bundesverfassungsgericht an eine solche Bemessung stellt, entspricht. Er sei vielmehr "ins Blaue hinein" geschätzt worden. Bei einem so deutlichen Abweichen der Leistungen für Asylbewerber von den Hartz-IV-Leistungen könne zudem davon ausgegangen werden, dass die Leistungen offensichtlich nicht ausreichten, um das menschenwürdige Existenzminimum sicherzustellen.
Weil es das zu Grunde liegende Gesetz für verfassungswidrig hält, hat das Landessozialgericht das Klageverfahren ausgesetzt und die Frage nach der Rechtmäßigkeit der Bedarfssätze nach dem Asylbewerberleistungsgesetz dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt. Sollte sich das Bundesverfassungsgericht der Ansicht der Essener Richter anschließen, müsste der Gesetzgeber die Höhe der Sätze nach dem Asylbewerberleistungsgesetz neu regeln.
(Beschluss vom 26.07.2010, Az. L 20 AY 13/09).