OLG München zum Reiserecht von Positivstaatern bei Ausweisung unter Berücksichtigung der Rückführungsrichtlinie

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Urteil des OLG München vom 16.07.2012 (Az.: 4 StRR 107/12). Sprungrevision führt zur Aufhebung der amtsgerichtlichen Entscheidung.

  1. Bei einem von der Visapflicht befreiten Drittstaatsangehörigen (EuVisaVO [Verordnung EG Nr. 539/2001 des Rates vom 15.3.2001] i. V. m. Liste II; Art. 5 SKG; Art. 20; 21 SDÜ) muss sich das freisprechende Urteil zur beabsichtigen Aufenthaltsdauer verhalten. Ein beabsichtigter Aufenthalt über drei Monate hinaus kann die Einreise in das Bundesgebiet und den Aufenthalt darin illegal machen.
  2. Ein freisprechendes Urteil muss den wesentlichen Inhalt einer Ausweisungsverfügung mitteilen (Verfügungstenor, Verfügungsdatum und Bestandskraft, etwaige Befristung) mitteilen, da sonst eine revisionsrechtliche Nachprüfung des Freispruchs nicht möglich ist.
  3. Die Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rats vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (ABl. L 348 vom 24.12.2008) hat keine Rückwirkung auf bestandskräftig abgeschlossene Ausweisungsverfahren (hier nach § 8 Abs. 2 AuslG 1990 i. V. m. § 102 Abs. 1 Satz 1 AufenthG).
  4. Die Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rats vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger betrifft nur Rückkehrentscheidungen. Ausweisungen sind keine Rückkehrentscheidungen (im Anschluss an VGH Baden-Württemberg Urteil vom 7. Dezember 2011 - Az.: 11 S 897/11 Rdn. 80 mit 84, zitiert nach juris).

Zur Entscheidung:

icon OLG München – 4 StRR 107/12 – , Beschluss vom 16.07.2012 (106.15 kB 2012-10-15 20:03:41)