Rechtsprechung Ausländerrecht EuGH, Richterprivileg, Haftungsbeschränkung

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EuGH zur Haftung der Mitgliedstaaten: Richterprivileg und Haftungsbeschränkung

Der EuGH hat in der Rechtssache C-173/03, TDM, am 13. Juni 2006 entschieden, dass ein Mitgliedstaat für Schäden haftet, die dem Einzelnen durch einem obersten Gericht zuzurechnende offenkundige Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht entstanden sind.

Kein Haftungsbeschränkung (Richterprivileg)im Gemeinschaftsrecht

Vorliegend stellt der EuGH klar, dass eine Begrenzung der Haftung auf Vorsatz oder grob fehlerhaftes Verhalten des Richters nicht möglich sei, wenn dies dazu führe, dass die Haftung für Fälle ausgeschlossen werde, in denen ein offenkundiger Verstoß gegen das anwendbare Recht vorliege. Ein offenkundiger Verstoß bemesse sich nach Kriterien wie dem Maß an Klarheit und Präzision der verletzten Vorschrift, der Entschuldbarkeit des Rechtsirrtums oder der Verletzung der Vorlagepflicht durch das Gericht. Eine Haftung der Mitgliedstaaten bejaht der EUGH auch für den Fall, dass der offenkundige Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht sich aus einer Auslegung von Rechtsvorschriften oder einer Sachverhalts- und Beweiswürdigung ergebe. Da diese die wesentliche Tätigkeit der Rechtssprechungstätigkeit darstellten, würde ansonsten der Grundsatz der Staatshaftung seines Inhalts beraubt und der Einzelne keinerlei gerichtlichen Schutz genießen, wenn letztinstanzliche nationale Gerichte in diesem Bereich Fehler begingen.


Tenor der Entscheidung: Haftung der Mitgliedstaaten für Rechtsverletzungen durch ein letztinstanzliches Gericht

Die Entscheidung endete mit folgendem Tenor:

  • Das Gemeinschaftsrecht steht nationalen Rechtsvorschriften entgegen, die allgemein die Haftung des Mitgliedstaats für Schäden ausschließen, die dem Einzelnen durch einen einem letztinstanzlichen Gericht zuzurechnenden Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht entstanden sind, wenn sich dieser Verstoß aus einer Auslegung von Rechtsvorschriften oder einer Sachverhalts  und Beweiswürdigung durch dieses Gericht ergibt.
  • Das Gemeinschaftsrecht steht ferner nationalen Rechtsvorschriften entgegen, die diese Haftung auf Fälle von Vorsatz oder grob fehlerhaftem Verhalten des Richters begrenzen, sofern diese Begrenzung dazu führt, dass die Haftung des betreffenden Mitgliedstaats in weiteren Fällen ausgeschlossen ist, in denen ein offenkundiger Verstoß gegen das anwendbare Recht im Sinne der Randnummern 53 bis 56 des Urteils vom 30. September 2003 in der Rechtssache C 224/01 (Köbler) begangen wurde.