Sprachanforderungen beim Ehegattennachzug sind mit Verfassungsrecht vereinbar

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Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat mit Urteil vom 28. April 2009 (Az.: OVG 2 B 6.08) entschieden, dass die Sprachanforderungen beim Ehegattennachzug zulässig sind, insbesondere mit Verfassungsrecht im Einklang stehen.

Mit der grundlegenden Entscheidung hat das Oberverwaltungsgericht in einem Fall, in dem eine indische Staatsangehörige die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennachzug zu ihrem deutschen Ehemann begehrte, die Berufung zurückgewiesen, weil die Klägerin nicht die erforderlichen Sprachkenntnisse nachweisen konnte.
Das Gericht stellt in seiner Entscheidung fest, dass der Nachweis einfacher Sprachkenntnisse im Sinne des § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG nicht von der Vorlage eines Zertifikats des Goethe-Instituts oder der von diesem lizenzierten Partner beschränkt sei. Das Erfordernis eines in dieser Art spezifischen Nachweises lasse sich weder dem Gesetz entnehmen noch dürfte es geboten sein. Interessant ist der Hinweis, dass auch das Auswärtige Amt hiervon ausgehe, wenn es in ständiger Praxis bei offensichtlich vorhandenen, im Gespräch mit behördlichen Mitarbeitern belegten Sprachkenntnissen auf die Vorlage eines Zertifikats verzichte. Diese Annahme steht in einem deutlichen Widerspruch zu früheren Meldungen (etwa aus der Türkei), dass Vorsprachen bei den Auslandsvertretungen zum Teil erst ermöglich worden sein sollen, wenn ein Zertifikat vorgelegt wurde.

Das Gericht stellt fest, dass die Sprachanforderungen mit Verfassungsrecht, insbesondere mit Art. 6 Abs. 1 GG in Einklang stünden. Die Forderung einfacher Sprachkenntnisse stelle weder einen Eingriff in die Institutsgarantie noch einen Eingriff in das Freiheitsrecht des Art. 6 Abs. 1 GG dar. Eine Verletzung der wertentscheidenden Grundsatznorm liege erst dann vor, wenn es dem Ehepartner oder Familienmitglied nicht möglich oder nicht zumutbar sei, dem Ausländer ins Ausland zu folgen. Dies sei etwa dann der Fall, wenn einem deutschen Kind wegen seiner Beziehung zu der in Deutschland lebenden Mutter die Herstellung der Lebensgemeinschaft mit seinem Vater im Ausland und damit das Verlassen der Bundesrepublik nicht zugemutet werden könne.

Weiterhin stellt das Gericht fest, dass das Fehlen einer Ausnahmeregelung mit Blick auf die Schutzwirkung des Art. 6 Abs. 1 GG sich als unverhältnismäßig erweisen könne. Ein Verfassungsverstoß wäre gegebenenfalls allein insoweit festzustellen, als das Aufenthaltsgesetz keine Härteklausel enthält. Damit wird ein Argument aus der Sachverständigenanhörung im Innenausschuss aufgenommen, in dem gerade die willentliche Entscheidung gegen eine Härtefallklausel gerügt wurde. Gerade die Entscheidung des Gesetzgebers keine Härtefallregelung einzuführen macht Probleme, da hierdurch einer verfassungskonformen Auslegung Grenzen gesetzt werden.

Die sonst ausführliche Begründung wird etwas dürftig, als das Gericht sich mit der Frage beschäftigt, warum der Ehegattennachzug zu Staatsangehörigen bestimmter Staaten (etwa Honduras) nicht der Sprachprüfung unterliegt. Hier zieht sich das Oberverwaltungsgericht auf die Formulierung zurück, dass außenpolitische Rücksichtnahmen oder bedeutende wirtschaftliche Beziehungen gegenüber diesen Staaten zur Rechtfertigung herangezogen werden können. Eine nähere Begründung, ob derartige Gründe überhaupt vorliegen und nicht nur behauptet werden, bleibt das Gericht schuldig. Die bilateralen Verträge enthalten keine Verpflichtung, den Familiennachzug zu begünstigen. Welche anderen völkerrechtlichen Verbindlichkeiten das Gericht im Blick hat, wird nicht dargelegt. Auch die wirtschaftlichen Beziehungen zu Staaten wie Andorra, Monaco, San Marino dürften sicherlich nicht ohne Weiteres eine Privilegierung begründen können.

Weiterhin wird auch die Familiennachzugsrichtlinie als Maßstab herangezogen. Dies überrascht, weil diese Richtlinie auf den Nachzug zu Deutschen keine Anwendung findet.

Link zur Entscheidung:

https://www.migrationsrecht.net/index.php?option=com_edocman&view=categories