Teilnahme Großbritanniens und Irlands am VIS?

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Schlussantrag des Generalanwalts Mengozzi vom 24.06.2010 (Rs. C-482/08) im Ausschlussverfahren  GB's und Irlands über den Zugang zum Visainformationssystem (VIS).

Hintergrund der Klage:

Mit der vorliegenden Klage beantragt das Vereinigte Königreich die Nichtigerklärung des Beschlusses 2008/633/JI des Rates vom 23. Juni 2008 über den Zugang der benannten Behörden der Mitgliedstaaten und von Europol zum Visa-Informationssystem (VIS) für Datenabfragen zum Zwecke der Verhütung, Aufdeckung und Ermittlung terroristischer und sonstiger schwerwiegender Straftaten.

Dem Vereinigten Königreich wurde die Beteiligung am Erlass des angefochtenen Beschlusses nicht gestattet, da dieser als eine Weiterentwicklung eines durch die Schengener Übereinkommen geschaffenen Bereichs (des Visumbereichs) angesehen wurde, an denen dieser Mitgliedstaat nicht beteiligt ist. Das Vereinigte Königreich macht jedoch geltend, bei dem angefochtenen Beschluss handle es sich um eine Maßnahme im Bereich der polizeilichen Zusammenarbeit und nicht im
Visumbereich.

Gegenstand:

Das Visa-Informationssystem (im Folgenden: VIS) wurde durch die Entscheidung
2004/512/EG) zur Schaffung eines gemeinsamen Systems der Mitgliedstaaten im Visumbereich eingerichtet, um in diesem Bereich insbesondere den zuständigen nationalen Behörden eine Datenbank zur Verfügung stellen zu können.

Als Rechtsgrundlage für die Entscheidung Nr. 2004/512/EG diente Art. 66 EG(7), der im Dritten Teil Titel IV des Vertrags bestimmt, dass „[d]er Rat … Maßnahmen [beschließt], um die Zusammenarbeit zwischen den entsprechenden Dienststellen der Behörden der Mitgliedstaaten in den Bereichen dieses Titels sowie die Zusammenarbeit zwischen diesen Dienststellen und der Kommission zu gewährleisten“. In dem betreffenden Titel sind die Bereiche „Visa, Asyl, Einwanderung und andere Politiken betreffend den freien Personenverkehr“ geregelt.

Aus rechtlicher Sicht besteht der einzige Punkt, zu dem die Verfahrensbeteiligten
unterschiedliche Meinungen vertreten und der deshalb vom Gerichtshof zu klären ist, darin, ob die Qualifizierung des angefochtenen Beschlusses als ein Akt zur Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands im Visumbereich zutreffend ist.

Die Verfahrensbeteiligten sind sich darüber einig, dass das Vereinigte Königreich bei einer Bejahung dieser Frage zu Recht von der Annahme des angefochtenen Beschlusses ausgeschlossen wurde. Der Gerichtshof hat nämlich eindeutig festgestellt, dass die Beteiligung an einer Maßnahme, die zu einem Bereich des Schengen-Besitzstands gehört, denjenigen Mitgliedstaaten vorbehalten ist,
die sich an der Zusammenarbeit in diesem Bereich beteiligen.

Auffassung des Generalanwalts:

Die Tatsache, dass die Art. 30 EU und 34 EU die Rechtsgrundlage des angefochtenen Beschlusses bilden, schließt also nicht aus, dass der Beschluss selbst eine Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands darstellt. Folglich besteht der Inhalt des angefochtenen Beschlusses in erster Linie weniger aus einer Reihe von Bestimmungen, deren Zweck in der polizeilichen Zusammenarbeit liegt, als vielmehr aus einer Gesamtheit von Maßnahmen zur Verwaltung des VIS, d. h. einer Datenbank für Visa, die auf der Grundlage des Titels IV des EG-Vertrags geschaffen wurde und Teil eines Bereichs der verstärkten Schengen-Zusammenarbeit ist, an dem das Vereinigte Königreich nicht beteiligt ist.

Ergebnis:

Aufgrund der vorstehenden Ausführungen wird dem Gerichtshof vorgeschlagen,
– die Klage abzuweisen;
– dem Vereinigten Königreich die Kosten aufzuerlegen;
– der Kommission und dem Königreich Spanien jeweils ihre eigenen Kosten aufzuerlegen.

 

Zum Volltext:

icon Teilnahme Großbritanniens und Irlands am VIS? (163.55 kB 2010-08-08 16:37:03)