Urteil des VG Augsburg vom 04.07.2012 (Az.: Au 1 K 12.62) zur Bejahung der Feststellung des Verlusts der Freizügigkeit eines österreichischen Staatsangehörigen aus zwingenden Gründen der öffentlichen Sicherheit bei Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren wegen Drogenstraftaten.
Die Inhaftierung selbst lässt das entstandene Daueraufenthaltsrecht unberührt. Etwas anderes kann auch nicht im Falle des zehnjährigen Aufenthalts im Inland geltend, der Voraussetzung für das Erreichen der Schutzstufe gemäß § 6 Abs. 5 FreizügG/EU ist. Denn auch diese Stufe der Aufenthaltsverfestigung kann zu Lasten des Unionsbürgers nicht einfach verlustig gehen. Nach dem zehnjährigen (rechtmäßigen) Aufenthalt im Inland kann dem Unionsbürger sein Freizügigkeitsrecht nur noch unter den engen Grenzen des § 6 Abs. 5 FreizügG/EU aberkannt werden. Die bloße Inhaftierung lässt den Aufenthalt nicht „unrechtmäßig“ werden. Denn dann würde der langjährig im Inland aufhältige Unionsbürger schlechter gestellt, als der, der sich „nur“ auf das Vorliegen eines Daueraufenthaltsrechts berufen kann.
Der Begriff der „zwingenden Gründe der öffentlichen Sicherheit“ (§ 6 Abs. 5 Satz 1 FreizügG/ EU) ist erheblich enger als der der schwerwiegenden Gründe im Sinne des § 6 Abs. 4 FreizügG/EU. Sie liegen nur in außergewöhnlichen Konstellationen vor, die über die Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit hinausgehen und durch einen besonderen hohen Schweregrad der Beeinträchtigung gekennzeichnet sind. Darunter fallen aber nicht nur Beeinträchtigungen, die die innere oder äußere Sicherheit des Mitgliedsstaates betreffen (EuGH vom 23.11.2010 – Rs. C-145/09 – Tsakouridis; InfAuslR 2011, S. 45 ff. -
Das Vorliegen der zwingenden Gründe, die eine Feststellung des Verlusts des Rechts auf Aufenthalt im Sinne des § 6 Abs. 5 Satz 1 FreizügG/EU tragen, rechtfertigt alleine noch nicht die entsprechende Entscheidung der Ausländerbehörde. Über diese zwingenden Gründe hinaus ist zu prüfen, ob das Vorliegen dieser Gründe auch unter Berücksichtigung der Regelungen in § 6 Abs. 2 und 3 FreizügG/EU aufgrund einer noch gegenwärtigen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit, also insbesondere dem Vorliegen einer entsprechenden Wiederholungsgefahr, auch im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung noch zu bejahen ist (Brinkmann, in Huber, Kommentar zum AufenthG, 2010, RdNr. 28 zu § 6 FreizügG/EU; zuletzt nochmals EuGH vom 22.5.2012 a.a.O., RdNr. 30 f.).
Zur Entscheidung im Volltext:
VG Augsburg - Au 1 K 12.62 - Urteil vom 04.07.2012 (116.76 kB 2012-08-15 20:17:46)