Das Erfordernis des Einvernehmens der Staatsanwaltschaft nach § 72 Abs. 4 Satz 1 AufenthG dient nicht dem Schutz des Ausländers vor einer Ausweisung oder Abschie-bung, sondern soll verhindern, dass durch Ausweisung und Abschiebung eines Auslän-ders eine Strafverfolgung gegen den Betreffenden wesentlich erschwert oder vereitelt wird.
Eine je nach Fallkonstellation denkbare günstige Wirkung der Erteilung oder der Versagung des Einvernehmens kommt dem betroffenen Ausländer nur reflexartig zugute, wird aber durch die Vorschrift nicht in seinem Interesse verfolgt (BVerwG, Urteil vom 05.05.1998 - 1 C 17.97 - InfAuslR 1998, 383, zur Vorgängerregelung des § 64 Abs. 3 AuslG; ebenso OVG Bremen, Beschluss vom 15.11.2010 - 1 B 156/10 - juris; GK-AufenthG, Stand: September 2011, § 72 AufenthG Rn. 38; offen gelassen von VGH Bad.-Württ., Urteil vom 06.11.1996 - 13 S 1158/96 - EZAR 601 Nr. 6).
Dass sich ein Ausländer mit Erfolg gegen eine Anordnung von Abschiebungshaft wenden kann, wenn das nach § 72 Abs. 4 Satz 1 AufenthG erforderliche Einvernehmen der Staatsanwaltschaft fehlt (vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 20.01.2011 - V ZB 226/10 - InfAuslR 2011, 202, und vom 24.02.2011 - V ZB 202/10 - InfAuslR 2011, 253, jeweils m.w.N.), liegt an den spezifischen Voraussetzungen für die Anordnung von Abschiebungshaft (vgl. § 62 AufenthG), insbesondere an den besonderen verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine Freiheitsentziehung (Art. 2 Abs. 2, 104 Abs. 2 GG, vgl. nur BVerfG, Beschlüsse vom 13.07.2011 - 2 BvR 742 - InfAuslR 2011, 358, und vom 27.02.2009 - 2 BvR 538/07 - InfAuslR 2009, 205), bedeutet aber nicht, dass der Regelung im Hinblick auf die Abschiebung oder die Ausweisung Schutzcharakter zugunsten des betreffenden Ausländers beizumessen wäre.
Zur Entscheidung in der Gesamtkommentierung:
BGH zum Einvernehmen mit der Staatsanwaltschaft (770.03 kB 2012-01-03 21:35:16)
Im Onlinekommentar: