VGH München zur Unanwendbarkeit des Vieraugenprinzips im Assoziationsrecht im Anschluss an Rs. "Ziebell"

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Urteil des VGH München vom 17.07.2012 (Az.: 19 B 12.417).

Die zulässige Berufung war unbegründet. Das Verwaltungsgericht hatte die Klage gegen den Ausweisungsbescheid im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die Ausweisungsverfügung stand in Übereinstimmung mit den Bestimmungen des Unionsrechts einschließlich des Assoziationsrechts EWG-Türkei und des im Lichte des Unionsrechts auszulegenden innerstaatlichen Rechts.  Der Ausweisungsbescheid war nicht deshalb aufzuheben, weil er nicht der Überprüfung durch eine andere Behörde unterzogen worden war (etwa im Rahmen eines Vorverfahrens), denn eine entsprechende unionsrechtliche Verpflichtung besteht nicht.

Nach der Vorabentscheidung "Ziebell" ist die Vorschrift des Art. 12 RL 2003/109 in Fällen wie dem vorliegenden anwendbar. Diese Vorschrift enthält auch Verfahrensgewährleistungen; sie fordert die unbeschränkte gerichtliche Überprüfbarkeit der Ausweisung, nicht aber die Einschaltung einer "anderen Stelle" im Sinne des Art. 9 Abs. 1 RL 64/221.

Leitsätze:

  1. Aufgrund der Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 8. Dezember 2011 (Ziebell) ist die Unanwendbarkeit des Vieraugenprinzips (Art. 9 Abs. 1 RL 64/221) in den Fällen assoziationsberechtigter türkischer Staatsangehöriger, in denen die (durch die Unionsbürgerrichtlinie aufgehobene) Richtlinie 64/221 nicht mehr maßgebend ist, "acte clair".
  2. Die materiellen Voraussetzungen für eine Ausweisung assoziationsberechtigter türkischer Staatsangehöriger haben sich nicht dadurch geändert, dass nun Art. 12 RL 2003/109 anstelle Art. 3 RL 64/221 den unionsrechtlichen Bezugsrahmen für die Anwendung des Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 bildet.

Zum Volltext der Entscheidung:

icon VGH München - 19 B 12.417 - Urteil vom 17.07.2012 (251.18 kB 2012-09-03 10:39:16)