Die Vorführung selbst stellte nur eine Freiheitsbeschränkung dar. Denn wie eine bloße Abschiebung ist sie als sekundäre Begleiterscheinung nicht auf eine Freiheitsent-ziehung gerichtet, sondern bildet die zwangsläufige Folge der Durchsetzung der Mitwirkungspflicht des Ausländers. Daher wird die Abschiebung, die wie die Vorführung ebenfalls durch Festhalten des Betroffenen und seiner zwangsweisen Verbringung auch in einem Kraftfahrzeug etwa zum Flughafen vorgenommen wird, von der Rechtsprechung nicht als Freiheitsentziehung qualifiziert, die unter den Richtervorbehalt des Art. 104 Abs. 2 GG fällt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 15. Mai 2002, NJW 2002, 3161, (OVG Sachsen - 3 A 130/11 - Urteil vom 24.11.2011).
Da aber während der Vorführung eine - wenn auch nicht geplante - rd. einstündige Freiheitsentziehung stattfand, war die Frage eines Verstoßes gegen den Richtervorbehalt zu prüfen:
Nach der tatsächlichen Ausgestaltung des Aufenthalts handelte es sich bei dem Zentralen Polizeigewahrsam in der Polizeidirektion Leipzig zwar um eine abgeschlossene Einrichtung i.S.v. § 415 FamFG. Der Kläger befand sich in einem größeren Warteraum, über den die einzelnen Haftzellen und Toiletten erschlossen werden. Nach den Schilderungen des Beklagten wurde er von Polizeibeamten bewacht und war daran gehindert, den Warteraum zu verlassen. Damit machte es keinen Unterschied, ob er noch in eine der Haftzellen verbracht wurde oder vor diesen warten musste. Allerdings entfiel der richterliche Genehmigungsvorbehalt deshalb, weil die Herbeiführung der richterlichen Entscheidung voraussichtlich längere Zeit in Anspruch genommen hätte als der Aufenthalt im Zentralen Polizeigewahrsam und damit die richterliche Entscheidung nicht unverzüglich herbeigeführt werden konnte, § 428 Abs. 1 Satz 1 FamFG (= Inanspruchnahme der Kurzzeitklausel).
Zur Entscheidung im Gesamtdokument:
Unverzüglichkeit der richterlichen Entscheidung in Haftsachen (1.25 MB)
Zur Kommentierung im Onlinekommentar: