Zur Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis für Ehegatten

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Anforderungen an das Bestehen einer ehelichen Lebensgemeinschaft bei berufsbedingter räumlicher Trennung der Eheleute; eigenständiges Aufenthaltsrecht des ausländischen Ehegatten eines Deutschen (Beschluss OVG Saarland vom 30.05.2011 - 2 B 241/11 -).

Das OVG gab der Beschwerde statt und ordnete die aufschiebende Wirkung des fristgerecht erhobenen Widerspruchs der Antragstellerin gegen den Ablehnungsbescheid bis zur abschließenden Klärung im Hauptsacheverfahren an.

Hintergrund:

Die russische Staatsangehörige (R.) wendet sich gegen die Ablehnung der Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnis.
Im vorliegenden Verfahren begehrt sie die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres dagegen erhobenen Widerspruchs. R. reiste im Dezember 2002 aus St. Petersburg kommend mit einem Besuchervisum in die Bundesrepublik Deutschland ein, heiratete im Juli 2003 in Kopenhagen den 1966 geborenen deutschen Staatsangehörigen Bernhard A. und erhielt daraufhin eine auf drei Jahre befristete Aufenthaltserlaubnis. Wie lange sich R. und der Ehemann in der Folge in Deutschland aufgehalten haben, ist den Akten nicht zu entnehmen. Nach ihren Angaben haben sie im Mai 2005 das Land gemeinsam aus beruflichen Gründen verlassen. Nach Aufenthalten in Luxemburg und in der Schweiz meldete R. Ende 2007 ihren Wohnsitz in A-Stadt (A-Straße) an und beantragte im Januar 2008 erneut die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Zu dem Zeitpunkt hielt sich der Ehemann nach ihren Angaben geschäftlich in der Schweiz auf. Nachdem beide Ende Februar 2008 gegenüber dem Antragsgegner erklärt hatten, dass die eheliche Lebensgemeinschaft bestehe und auch fortgesetzt werden solle, wurden ihr ab Mai 2008 zunächst so genannte Fiktionsbescheinigungen erteilt.

Begründung:

Die materiellen Wirkungen eines rechtzeitigen Antrags auf Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis ergeben sich allein aus § 81 Abs. 4 AufenthG und sind unabhängig vom Ablauf der in eine Bescheinigung nach § 81 Abs. 5 AufenthG von der Behörde aufgenommenen Frist.

Die Frage des Fortbestands der Fiktion nach dem § 81 Abs. 4 AufenthG trotz einer Ausreise des Ausländers ist unter Rückgriff auf die allgemeinen Vorschriften über das Erlöschen von Aufenthaltstiteln, hier konkret den § 51 Abs. 1 Nr. 6 und Nr. 7 AufenthG, zu beantworten.

Der "gewöhnliche Aufenthalt" des deutschen Ehepartners eines Ausländers im Inland im Sinne § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG ist nicht gleichbedeutend mit dem "Wohnsitz" im Verständnis des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Er erfordert in Fällen eines sich über längere Zeiträume erstreckenden beruflich bedingten Aufenthalts im Ausland eine einzelfallbezogene Bewertung, ob der deutsche Ehegatte (noch) einen faktischen Lebensmittelpunkt im Bundesgebiet hat. Insbesondere beruflich bedingte, im Einzelfall auch längere räumliche Trennungen von Ehepartnern rechtfertigen nicht automatisch die Annahme einer Aufhebung der familiären Lebensgemeinschaft. Eine solche erfordert nicht unbedingt das Vorliegen einer ständigen häuslichen Gemeinschaft der Ehepartner, allerdings im Falle einer längeren räumlichen Trennung die Feststellung zusätzlicher Anhaltspunkte, um das Fehlen eines gemeinsamen Lebensmittel-punkts weitgehend auszugleichen. Bei einer berufs- und ausbildungsbedingten Trennung setzt die Anerkennung einer familiären Lebensgemeinschaft daher voraus, dass die Ehepartner einen regelmäßigen Kontakt zueinander pflegen, der über bloße Besuche hinausgeht und in dem die persönliche und emotionale Verbundenheit im Sinne einer Beistandsgemeinschaft zum Ausdruck kommt. Lässt sich die Frage der Rechtmäßigkeit der Ablehnung des Verlängerungsantrags mit den Erkenntnismöglichkeiten des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens nicht abschließend beantworten, so ist im Rahmen der dann vorzunehmenden "hauptsacheoffenen" Interessenabwägung den Interessen des Ausländers an einer zumindest vorläufigen Hinnahme seines weiteren Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland der Vorrang einzuräumen gegenüber auf eine sofortige Beendigung desselben vor Abschluss des Rechtsbehelfsverfahrens in der Hauptsache gerichteten öffentlichen Belangen.

Zur Entscheidung des OVG und der vorangegangenen des VG Saarland (Beschluss vom 04.04.2011 - 10 L 167/11 -):

icon OVG Saarland - 2 B 241/11 - Beschluss vom 30.05.2011 (226.88 kB 2011-06-11 11:59:03)