Berliner Ausländerbehörde ändert Verwaltungspraxis für ehemalige Asylbewerber auf Druck des Flüchtlingsrats Berlin
BERLIN - Die Ausländerbehörde des Landes Berlin gab dem Druck des Berliner Flüchtlingsrates nach und änderte ihre Verwaltungspraxis, in deren Rahmen sie seit 1.1.2005 für ehemalige Asylbewerber Aufenthaltserlaubnisse aus humanitären Gründen nach §§ 23, 23a, 25 Abs. 3 bis 5 selbst nach 10 und mehrjährigem Voraufenthalt regelmäßig ohne eine Arbeitserlaubnis ausstellte. Sie begründete das damit, dass bei ehemaligen Asylbewerbern ? anders als bei bisher geduldeten Ausländern ? die vierjährige Wartefrist nach § 9 BeschVerfV noch nicht erfüllt sei. Zeiten als Asylbewerber könnten ? anders als bis 2004 nach § 285 SGB III ? wegen der Sperrwirkung des § 55 Abs. 3 AsylVfG nicht für die Wartefrist mitgerechnet werden.
In der Praxis bedeutete dies z.B., dass ein ehemaliger Asylbewerber aus der Türkei, dessen Antrag nach 12-jährigem Asylerstverfahren vom OVG Berlin wegen angeblich geänderter Verhältnisse in der Türkei schließlich abgelehnt wurde, der aber über die Härtefallkommission ein Bleiberecht erhalten hat, weitere vier Jahre auf eine Arbeitserlaubnis warten sollte. Arbeitsmarktzugang in Berlin also erst nach sechzehn Jahren Wartefrist...?
Nach mehreren Eingaben des Flüchtlingsrates Berlin und einem mehr als deutlichen Hinweis in einem Schreiben des BMWA vom 11.10.05 an Berlins Innensenator Körting, in dem darauf hingewiesen wurde, dass § 9 BeschVerfV den § 286 SGB III weiterführt und keine Verschlechterung de Rechtsstellung der betroffenen Ausländer herbeigeführt werden sollte, hat die Berliner Ausländerbehörde schließlich Ende November 2005 ihre integrationsfeindliche Haltung aufgegeben und die Berliner Weisung zu § 39 AufenthG entsprechend angepasst. Das bedeutet:
- Asylverfahrenszeiten werden nunmehr wie Duldungszeiten auf die 4jährige Wartefrist nach § 9 BeschVerfV angerechnet und
- eine Arbeitserlaubnis für Tätigkeiten jeder Art ist an Ausländer mit Aufenthaltserlaubnis nach §§ 23, 23a, 25 Abs. 3 bis 5 u.a. unter der Voraussetzung der §§ 8 und § 9 BeschVerfV (mindestens 4jähriger Voraufenthalt, oder deutscher Schulabschluss o.ä.) mit der Aufenthaltserlaubnis von Amts wegen zu erteilen.
Die Vorlage eines konkreten Arbeitsangebotes und die Beteiligung der Arbeitsagentur sind nunmehr entbehrlich, die Arbeitserlaubnis ist auch dann zu erteilen, "wenn der Ausländer nicht arbeiten will".
Die Berliner Ausländerbehörde sieht sich allerdings nicht in der Lage, die Akten der Ausländerbehörde auf im Laufe des Jahres 2005 erteilte Aufenthaltserlaubnisse ohne Arbeitserlaubnis durchzusehen und die Betroffenen zu informieren, dass sie nunmehr doch arbeiten dürfen und ihre Aufenthaltserlaubnis entsprechend ändern lassen können. Auch könne man leider nicht sicherstellen, dass Ausländer, die bei der Ausländerbehörde wegen einer Arbeitserlaubnis vorsprechen, dort wie üblich nur einen Termin erst etwa drei Monate später erhalten.
Die Bundesagentur für Arbeit ermöglicht in ihrer im August 2005 aktualisierten Weisung zu §§ 8 und 9 BeschVerfV ein entsprechendes Verfahren durch Erteilung einer "globalen Zustimmung" auch bundesweit.
Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 8 oder des § 9 BeschVerfV kann daher eine unbeschränkte Erlaubnis für Beschäftigungen jeder Art auch ohne Beteiligung der Arbeitsagentur und ohne Vorlegen eines konkreten Arbeitsangebotes durch den Antragsteller sofort von der Ausländerbehörde erteilt werden. Voraussetzung ist, dass die Ausländerbehörde eine "globale Zustimmung" der Arbeitsagentur eingeholt hat.
Quelle: Flüchtlingsrat Berlin
Weitere Informationen und Arbeitshilfen unter http://www.fluechtlingsrat-berlin.de
mitgeteilt von Dr. Klaus Dienelt