Neue Dissertation zur Familienzusammenführung in Europa

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In der Schriftenreihe „Schriften zur Europäischen Integration und internationalen Wirtschaftsordnung“ des Nomos- Verlags ist 2009 die Dissertation von Anne Walter „Familienzusammenführung in Europa“ erschienen.

Die Dissertation befasst sich umfassend mit dem Themenkomplex Familienzusammenführung und bildet einen deutlichen Schwerpunkt im Gemeinschaftsrecht bei der Familienzusammenführungsrichtlinie (RL 2003/86/EG). Die Dissertation fasst zunächst die relevanten völkerrechtlichen Regelung, die sich im weiteren Sinne mit der Familieneinheit und dem Familiennachzugs befassen zusammen. Diese hier gewonnenen Ergebnisse werden später herangezogen, um zu verdeutlichen, in welcher Weise die Europäisierung des Familiennachzugs und die Aufnahme eines originären Nachzugsanspruchs für drittstaatsangehörige Familienmitglieder der Kernfamilie die Maßstäbe verschiebt. Es wird ausführlich dargelegt, dass die Familiennachzugsrichtlinie mit dem für die Kernfamilie in Art. 4 Abs. 1 RL 2003/86/EG verankerten Nachzugsanspruch über den in Art. 8 Abs. 1 EMRK verankerten Anspruch auf Achtung des Familienlebens deutlich hinausgeht mit der Folge, dass der durch die Menschenrechtskonvention gewährte „margin of appreciation“ in diesen anspruchsbegründenden Fällen grundsätzlich nicht mehr besteht.

Die Dissertation zeigt auf, dass den im Rahmen der Schrankenprüfung des Art. 8 Abs. 2 EMRK entwickelten Abwägungskriterien eine veränderte Funktion zukommt: Es wird nicht geprüft, ob die Gesichtspunkte ausnahmsweise zu einer Beschränkung des mitgliedstaatlichen Entscheidungsspielraums im Einzellfall und damit zu einem Nachzugsanspruch führen, sondern es ist umgekehrt zu ermitteln, ob die durch die Lebensunterhaltserfordernisse erfolgte Begrenzung des gemeinschaftsrechtlichen Rechts auf Familiennachzug unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ausnahmsweise gerechtfertigt ist. Wird damit aber der Handlungsspielraum der Mitgliedstaaten bei Nachzugsfällen, die die Kernfamilie betreffen, durch den grundsätzlich bestehenden Nachzugsanspruch ausgeschlossen, so ist der Verweis auf ein familiäres Zusammenleben in einem Drittstaat nur ausnahmsweise zulässig. Ein Ergebnis, dass auf die Auslegung des Aufenthaltsgesetzes Einfluss haben wird.

Neben dieser für die Praxis bedeutsamen Herausarbeitung der Wirkungsweise der Familienzusammenführungsrichtlinie, wird in der Dissertation auch umfassend die Entstehungsgeschichte der Richtlinie dargelegt. Besonders interessant ist die zusammenfassende Darstellung der deutschen, französischen und niederländischen Einflüsse auf die Richtlinie. Die Kenntnis der Entstehungsgeschichte ermöglicht eine bessere Einschätzung des gefundenen Kompromisses und ist eine wertvolle Auslegungshilfe.

Abgerundet wird die Dissertation mit dem Bereich des Familiennachzugs zu Unionsbürgern und der Vereinbarkeit der Beschränkung des Ehegatten- und Kindernachzugs mit höherrangigem Recht.

Insgesamt ist die Dissertation für Praktiker ein echter Glücksfall: Sie ist verständlich geschrieben, orientiert sich an aktuellen Fragen des Ausländerrechts und erläutert das Spannungsverhältnis von Völker- und Europarecht im Bereich der Familienzusammenführung.

Die Arbeit ist uneingeschränkt zu empfehlen. Sie leistet einen wichtigen Beitrag für Wissenschaft und Praxis.

Die Arbeit kann beim Nomos-Verlag unter folgendem Link für den Preis von 98,00 € bestellt werden (ISBN 978-3-8329-4094-2).