Der Schutz sozialer Bindungen von Ausländern von Dr. Falk Fritzsch
Die Bedeutung des Schutzes der sozialen Bindungen (Verwurzelung) von Ausländern durch Art. 8 EMRK hat in den letzten Jahren enorm zugenommen. Der Autor begründet die Begrenzung des Schutzes auf rechtmäßige Aufenthalte und führt damit die vom EGMR bisher offen gelassene Frage einer Lösung zu. Das Ergebnis ist vor dem Hintergrund des AufenthG schlüssig begründet, hat aber den Nachteil, dass bereits auf der Tatbestandsseite viele Fälle ausgeschlossen werden. Das Problem der Altverfahren vor Einführung des AufenthG, insbesondere das Problem der Kettenduldungen, hätte hier gesondert in Blick genommen werden können. Nach der umfassenden Erörterung des Verhältnisses von EMRK und innerstaatlichem Recht bezieht der Verfasser zur Verdeutlichung der Interessenlage zwischen dem Ausländer und der staatlichen Souveränität des Vertragsstaates die Kantsche Unterscheidung zwischen Besuchs- und Gastrecht in die Auslegung des Art. 8 Abs. 1 EMRK ein. Das Ergebnis der Auslegung wird anhand von einzelnen praktisch relevanten Fallgruppen erläutert. Zusätzlich gibt er einen Überblick über die sich aus Art. 8 EMRK in aufenthaltsrechtlicher Hinsicht ergebenden Rechtsfolgen und nimmt hierbei auch die Vorschriften des deutschen Aufenthaltsgesetzes und aktuelle Entwicklungen der Rechtsprechung in den Blick. Insgesamt ist das Buch für Praktiker ein Glücksfall und gerade wegen seines aktuellen Praxisbezugs unbedingt lesenswert: Es ist problemorientiert geschrieben, bildet klare Schwerpunkte und behandelt alle Fragen, die in der Praxis mit dem Schutz des Privatlebens verbunden sind. Von besonderem Nutzen für die aktuelle Diskussion sind die Ausführungen zur Notwendigkeit eines rechtmäßigen Aufenthalts und dem Vertrauensschutz des Ausländers, in Bezug auf die berechtigte Erwartung, den Aufenthalt im Vertragsstaat fortsetzen zu dürfen. Auch der Abschnitt über Entscheidungsspeilräume der Mitgliedstaaten bei Anwendung der EMRK sowie die Auswirkungen der Europäisierung der EMRK durch den Vertrag von Lissabon und die Charta der Grundrechte der Europäischen Union sind lesenswert. 2009, 246 S., Broschiert, 56,- €
ISBN 978-3-8329-4975-4