ALLGEMEINER KONTEXT UND GRÜNDE FÜR DEN VORSCHLAG
Der Rat hat gemäß Artikel 62 Nummer 2 Buchstabe b Ziffer i des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft die Verordnung (EG) Nr. 539/20011 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen (sogenannte „Negativliste“), sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (sogenannte „Positivliste“), erlassen.
Nach Artikel 61 EGV gehören diese Listen zu den flankierende Maßnahmen, die mit dem freien Personenverkehr in einem Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts unmittelbar zusammenhängen.
Seit ihrer Annahme wurde die Verordnung achtmal geändert.
Die jüngsten Änderungen betrafen überwiegend die Überarbeitung der die Anhänge der Verordnung bildenden Positiv und Negativliste, zuletzt die Überführung Taiwans sowie – infolge der Gespräche über die Befreiung von der Visumpflicht – der beiden restlichen Länder des westlichen Balkans, Albanien und Bosnien-Herzegowina, in die Positivliste. Im Laufe der vergangenen Jahre zeichnete sich die Notwendigkeit ab, weitere Änderungen technischer Art auch am Haupttext der Verordnung vorzunehmen; so sollen beispielsweise zur Stärkung der Rechtssicherheit Vorschriften für bestimmte noch nicht von der Verordnung erfasste Situationen eingeführt und aufgrund aktueller Veränderungen durch abgeleitetes Recht – z. B. durch die Annahme des Visakodex (Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Rates)3 – bestimmte Definitionen angepasst werden.
Zudem muss zehn Jahre nach der Einbeziehung des Schengen-Besitzstandes in den Rahmen der EU und der Einführung der gemeinsamen Visumpolitik gemäß Artikel 77 Absatz 2 Buchstabe a AEUV die Angleichung der gemeinsamen Visumpolitik der EU im Hinblick auf bestimmte Personengruppen vorangebracht werden, die in Artikel 4 der Verordnung aufgeführt sind und bislang Gegenstand einseitiger Entscheidungen der einzelnen Mitgliedstaaten waren. Schließlich sind infolge des Inkrafttretens des Vertrags von Lissabon weitere Änderungen wie die Einführung einer Schutzklausel und eine Änderung des Gegenseitigkeitsmechanismus erforderlich.
Zusammenfassung der vorgeschlagenen Maßnahme
Mit der jetzigen Änderung der Verordnung soll(en)
- eine Visumschutzklausel eingeführt werden, die eine schnelle vorübergehende Aufhebung der Befreiung eines in der Positivliste geführten Drittlandes von der Visumpflicht in Notlagen ermöglicht, in denen eine dringliche Reaktion erforderlich ist, um die Schwierigkeiten von Mitgliedstaaten zu beheben;
- bestimmte Vorschriften wie die Bestimmungen über den Gegenseitigkeitsmechanismus geändert werden, damit diese vollständig den jeweiligen Bestimmungen des AEUV entsprechen;
- die Vereinbarkeit mit der seit dem 5. April 2010 geltenden Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates über einen Visakodex der Gemeinschaft (Visakodex)4 sichergestellt werden, indem beispielsweise geeignete Definitionen zu Kurzzeitaufenthalten und Visa eingeführt werden;
- sichergestellt werden, dass die Verordnung im Einklang mit Artikel 77 Absatz 2 Buchstabe a AEUV umfassend festlegt, ob Drittstaatsangehörige der Visumpflicht unterliegen oder von ihr befreit sind. So soll durch Ergänzung der für Flüchtlinge und Staatenlose geltenden Bestimmungen zur Klarstellung der Visavorschriften für Personen mit Aufenthalt im Vereinigten Königreich oder in Irland Rechtssicherheit geschaffen werden;
- ein weiterer Schritt in Richtung vollständige Angleichung der gemeinsamen Visumpolitik gemacht werden, indem neue einheitlichere Vorschriften zur Visumpflicht oder -befreiung für verschiedene Kategorien von Drittstaatsangehörigen eingeführt werden;
- eine klare Regelung in Bezug auf die Visumpflicht/-befreiung für Inhaber von Passierscheinen oder verschiedenen Reisepässen geschaffen werden, die von bestimmten, nicht als zwischenstaatliche internationale Organisationen geltenden Völkerrechtssubjekten ausgestellt wurden;
- neue Vorschriften im Hinblick auf Verpflichtungen für bestimmte Mitgliedstaaten angenommen werden, die sich aus früheren EU- oder internationalen Abkommen ergeben und Abweichungen von den gemeinsamen Visavorschriften erfordern.
Zum Vorschlag: