Wie aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Fraktion DIE LINKE hervorgeht, hat die EU-Kommission am 31.05.2013 ein förmliches Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland eingeleitet, wegen der europarechtswidrigen Regelung der Sprachanforderungen beim Ehegattennachzug. Damit bestätigen sich die Einleitung des Verfahrens gegen Deutschland, von dem bereits Ende Januar berichtet wurde.
Dies ergibt sich aus der Antwort der Bundesregierung auf die Frage 29 einer Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE.
„Es ist sehr zu begrüßen, dass die anhaltende Verletzung von EU-Recht beim Ehegattennachzug durch die Bundesregierung endlich Konsequenzen und die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland eingeleitet hat. Viele zwangsweise voneinander getrennte Paare können nun hoffen, dass die gesetzlichen Schikanen bald ein Ende haben werden", erklärt Sevim Dagdelen, integrationspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE., zur der Antwort der Bundesregierung vom 2. Juli 2013 auf eine Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. (BT-Drs. 17/12780). Dagdelen weiter:
„Dem jetzigen Schritt der Kommission war der gescheiterte Versuch vorausgegangen, die unzureichende Beachtung von EU-Recht beim Ehegattennachzug durch Deutschland ohne Vertragsverletzungsverfahren durch ein so genanntes ‚EU-Pilotverfahren' zu beheben. Mit dem Vertragsverletzungsverfahren könnte der 2007 von der Großen Koalition verursachte Skandal beendet werden, das Zusammenleben von Ehe- und Lebenspartnern zu erschweren oder gar zu verhindern. Spätestens Mitte 2011 hätte die Bundesregierung dies tun müssen. Seit dem wusste sie, dass die deutsche Regelung europarechtswidrig ist. Die EU-Kommission machte in ihrer Stellungnahme vom 4. Mai 2011 in dem EuGH-Verfahren „Imran" klar, dass eine Regelung wie die deutsche wegen fehlender Zumutbarkeitserwägungen und dem Abzielen auf ein bestimmtes Sprachniveau gegen EU-Recht verstößt, das eine Erleichterung – und nicht Erschwerung oder gar Verhinderung - des Familiennachzugs zum Ziel hat. Das Bundesverwaltungsgericht sah sich zu einer Korrektur seiner bisherigen Rechtsauffassung veranlasst, nur die Bundesregierung hielt stur an ihrer Rechtsauffassung fest.
DIE LINKE. hat die Einführung der Sprachanforderungen durch die CDU/CSU-SPD Regierung als Verstoß gegen das Menschenrecht auf Familienzusammenleben von Beginn an kritisiert. Wie schwer der Spracherwerb im Ausland ist, zeigen die aktuellen Zahlen: Ein Drittel der nachzugswilligen Eheleute fällt beim Deutschtest durch. 2012 waren es 34 Prozent, in der Türkei sogar 37 Prozent. Nur etwa jeder Fünfte (22 Prozent) hatte Zugang zu einem Sprachkurs der Goethe-Institute, auf die von Regierungsseite immer wieder verwiesen wird, in der Türkei gar nur 10 Prozent. Hinter diesen Zahlen steckt das unermessliche Leid derer, die trotz aller Bemühungen an den Sprachanforderungen scheitern und von den Menschen getrennt werden, die sie lieben. DIE LINKE fordert deshalb die Bundesregierung auf, nicht in ideologischer Borniertheit auf eine Entscheidung des EuGH mit absehbarem Ergebnis zu warten, sondern im Interesse der Menschen sofort zu handeln und die Sprachhürden beim Ehegattennachzug umgehend abzuschaffen."