In der Praxis kommen immer wieder Fragen auf, wie mit unionsrechtlichen Aufenthaltsrechten sui generis umzugehen ist.
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union kann einem Drittstaatsangehörigen ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht sui generis zustehen, das aus Art. 20 AEUV abgeleitet wird. Dieses setzt voraus, dass ein vom Drittstaatsangehörigen abhängiger Unionsbürger ohne den gesicherten Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen faktisch gezwungen wäre, das Unionsgebiet zu verlassen und ihm dadurch der tatsächliche Genuss des Kernbestands seiner Rechte als Unionsbürger verwehrt wird.
Die Gewährung eines solchen Aufenthaltsrechts kann nach der Rechtsprechung des EuGH jedoch nur "ausnahmsweise" oder bei "Vorliegen ganz besondere(r) Sachverhalte" erfolgen.
Auch wenn ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht aus Art. 20 AEUV heute allgemein anerkannt ist, so sagt dieses noch nichts dazu aus, wie mit diesem Recht aufenthaltsrechtlich umzugehen ist. Denn ein möglicher unionsrechtlicher Anspruch aus Art. 20 AEUV auf Sicherung des Aufenthaltsrechts der vom Drittstaatsangehörigen abhängigen Kinder in der Europäischen Union ist kein nationaler Rechtsanspruch.
Dies hat nicht nur Folgen für die nationale Umsetzung des Rechts, sondern ist auch für die Anwendbarkeit der Ausnahmen vom Visumverfahren von erheblicher Bedeutung.
Auch das Nachzugsrecht zu einem Drittstaatsangehörigen mit einem Daueraufenthaltsrecht nach § 4a Abs. 1 Satz 3 FreizügG/EU, wirft in der Praxis Fragen auf:
- Ist das FreizügG/EU anwendbar?
- Kann dem Recht ein Verstoß gegen Visabestimmungen entgegengehalten werden?
- Ist die Beschränkung des Nachzugsrechts mit Unionsrecht vereinbar?