In der Vergangenheit gab es unterschiedliche Ansätze, um die Zahl geduldeter Ausländer in Deutschland zu reduzieren. Weder die Verschärfung des Aufenthaltsrechts durch das Gesetz zur bessern Durchsetzung der Ausreisepflicht im Jahr 2019, mit dem die Duldung light (§ 60b AufenthG) eingeführt wurde, noch Legalisierungsbemühungen hatten Erfolg. Es bestehen daher berechtigte Zweifel, dass der Spurwechsel durch das Chancen-Aufenthaltsrecht erfolgreicher sein wird.
Dass eine zwangsweise Rückführung vollziehbar ausreisepflichtiger Ausländer wenig erfolgversprechend ist, lassen die Zahlen zu erfolgten Abschiebungen in den Jahren 2020 (rund 10.800 Ausländer) und 2021 (rund 12.000 Ausländer) erkennen. Auch der Zwang, seine Identität klären zu lassen, um einer Beschäftigung nachgehen zu können, ist nicht von Erfolg gekrönt gewesen, da die Rückführungen seit Einführung der Duldung light nicht wesentlich angestiegen sind. Es verwundert daher nicht, dass erneut ein Legalisierung langfristig Geduldeter erfolgen soll.
Bereits in den letzte Jahren wurden Bemühungen unternommen, um die Anzahl Geduldeter durch Umstieg in ein Aufenthaltsrecht zu reduziere. Gegenwärtig bestehen vier verschiedene Legalisierungsmöglichkeiten für einen Spurwechsel:
- Das humanitäre Aufenthaltsrecht für gut integrierte Ausländer (§ 25b AufenthG).
- Das humanitäre Aufenthaltsrecht für Jugendliche und Heranwachsende in Ausbildung (§ 25a AufenthG).
- Das Aufenthaltsrecht zu Erwerbszwecken nach Abschluss einer qualifizierten Berufsausbildung (§ 19d AufenthG), das durch die Aufnahme der Ausbildungsduldung (§ 60c AufenthG) mehr Effizienz erlangen soll.
- Das humanitäre Aufenthaltsrecht für Personen, die langfristig nicht abgeschoben werden können (§ 25 Abs. 5 AufenthG).
Keine der vorgenannten Möglichkeiten führte zu einer signifikanten Reduzierung geduldeter Ausländer. Vielmehr stieg deren Anzahl von 155.308 im Jahr 2015 auf 202.387 im Jahr 2019 und auf nunmehr 247.290 im Jahr 2022. Über das neue Chancen-Aufenthaltsrecht werden nach der Prognose des BMI auch nur etwa 33.500 Ausländer einen Umstieg in ein Aufenthaltsrecht schaffen.
Eine Lösung, die eine effektivere Rückführung geduldeter Ausländer ermöglicht, ist sicherlich nur auf Ebene der Europäischen Union zu finden. Der Abschluss von Rückführungsabkommen im Austausch gegen legale Zugangsmöglichkeiten zum europäischen Binnenmarkt wäre eine Möglichkeit, die Bereitschaft der Herkunftsstaaten, ihre ausreisepflichtige Ausländer aufzunehmen, zu steigern.
Mainz, 29.11.2022