Erlass im Vorfeld des Gesetzes zur Einführung eines Chancen-Aufenthaltsrechts

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Mit der Einführung des Chancen-Aufenthaltsrechts soll die Zahl der Langzeitgeduldeten reduziert und die Praxis der Kettenduldungen für den erfassten Personenkreis beendet werden. Diese einjährige Aufenthaltserlaubnis wird langjährig Geduldeten die Möglichkeit geben, die notwendigen Voraussetzungen für ein Bleiberecht zu erfüllen. Dazu gehören insbesondere die Sicherung ihres Lebensunterhalts und die Klärung ihrer Identität.

Bis zum Inkrafttreten des sogenannten Chancen-Aufenthaltsrechtsgesetzes wird Hessischen Ausländerbehörden durch einen Erlass vom 19.07.2022 aufgegeben die mögliche Legalisierung des Aufenthalts bei der Ermessenentscheidung auf die Erteilung einer Ermessensduldung nach § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG zu berücksichtigen. Damit soll der Vollzug der Abschiebung – außer in atypischen Fällen – bis zum Inkrafttreten des Chancen-Aufenthaltsrechts ausgesetzt werden, sofern der Ausländer voraussichtlich in den Genuss diese neuen Aufenthaltsrechts (§ 104c AufenthG-E) kommen wird.

Bereits unter Verweis auf den Koalitionsvertrag wiesen die Landesbehörden von Niedersachsen, Thüringen, Bremen und Schleswig-Holstein – nach Veröffentlichung des Regierungsentwurfs im Juli 2022 gefolgt von den Landesbehörden in Hessen, Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Brandenburg – die Ausländerbehörden an, voraussichtliche Adressat*innen des CAR rückzupriorisieren, von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen abzusehen und/oder

Menschen, die am 1. Januar 2022 seit fünf Jahren geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis in Deutschland leben, sollen ein einjähriges Chancen-Aufenthaltsrecht erwerben können (§ 104c AufenthG-E), um die Möglichkeit zu erhalten, in dieser Zeit die übrigen Voraussetzungen für ein Bleiberecht nach den geänderten Regelungen der §§ 25a und 25b AufenthG zu erfüllen (insbesondere Lebensunterhaltssicherung, Kenntnisse der deutschen Sprache und Identitätsnachweis). Straftäter bleiben vom Chancen-Aufenthaltsrecht grundsätzlich ausgeschlossen. Personen, die ihre Abschiebung aufgrund von wiederholten, vorsätzlichen Falschangaben oder aktiver Identitätstäuschung weiter verhindern, soll die Aufenthaltserlaubnis versagt werden. Vom Chancen-Aufenthaltsrecht profitieren nur Ausländer, die sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung bekennen. Sofern die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25b AufenthG oder - im Rahmen der Altersgrenze von 27 Jahren - nach § 25a AufenthG nach der einjährigen Aufenthaltsdauer nicht erfüllt sind, fallen die Betroffenen in den Status der Duldung zurück, da es sich beim Chancen-Aufenthaltsrecht um eine einmalige Sonderregelung handelt und derselbe Aufenthaltsstatus nicht über ein Jahr hinaus verlängert werden kann. So soll der Eindruck vermieden werden, dass Betroffene vorrangig durch bloßes Zuwarten in einen Aufenthaltstitel hineinwachsen können. Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 25a oder 25b AufenthG nach Ablauf der einjährigen Geltungsdauer der im Rahmen des Chancen-Aufenthaltsrechts erteilten Aufenthaltserlaubnis setzt die Erfüllung der an diese Normen jeweils anknüpfenden Integrationsleistungen voraus.

Mit der Verabschiebung des Chancen-Aufenthaltsrechts erlangen alle Asuländer, unabhängig von dem Bestehen eines Vorgriffserlasses einen Anspruch auf Duldung. Denn das Bundesverfassungsgericht hat bereits mit Entscheidung im Rahmen einer einstweiligen Anordnung vom 24.02.1999 (Az.: 2 BvR 283/99) entschieden, dass ab dem Zeitpunkt, zu dem eine Alt- oder Härtefallregelung beschlossen wurde oder konkretisiert unmittebar bevorsteht, durch einen Verzicht auf den Vollzug aufenthaltsbeendender Maßnahmen sichergestellt werden muss, dass potentiell begünstigte Ausländer in den Genuss der Regelungen kommen können. 

Link zum Erlass vom 19.07.2022