Fachkräfteeinwanderungsgesetz regelt Beschäftigung umfassend neu

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Der Grundsatz des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes aus dem Jahr 2020 – eine qualifikations- und bedarfsorientierte Zuwanderung in den Arbeitsmarkt – hat sich bewährt. Darauf aufbauend wird die Fachkräfteeinwanderung künftig auf drei Säulen ruhen: der Fachkräftesäule, der Erfahrungssäule und der Potenzialsäule. Die Fachkräftesäule bleibt das zentrale Element der Einwanderung. Sie umfasst wie bisher die Blaue Karte EU für ausländische Hochschulabsolventen sowie die nationale Aufenthaltserlaubnis für ausländische Fachkräfte mit einem deutschen oder in Deutschland anerkannten Abschluss (Hochschulabsolventen oder beruflich Qualifizierte). Wer eine Fachkraft ist, soll künftig jede qualifizierte Beschäftigung ausüben können.

Die Umsetzung der Richtlinie (EU) 2021/1883 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Oktober 2021 über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen zur Ausübung einer hoch qualifizierten Beschäftigung und zur Aufhebung der Richtlinie 2009/50/EG des Rates führt zu einer Reihe von Änderungen bei der Blauen Karte EU, die mit § 18g in einer eigenen Norm geregelt wird.

Künftig kann auch international Schutzberechtigten, die ihren Schutzstatus in der Bundesrepublik Deutschland oder einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union erhalten haben, eine Blaue Karte EU ausgestellt werden. Der Spielraum der Richtlinie (EU) 2021/1883 zur Gestaltung der Gehaltsschwellen für die Blaue Karte EU wird einwanderungsfreundlich genutzt, indem diese für Regel- und Engpassberufe deutlich abgesenkt werden. Zudem wird eine niedrige Mindestgehaltsschwelle für Berufsanfänger mit akademischem Abschluss eingeführt. Für Inhaber einer Blauen Karte EU werden Arbeitgeberwechsel vereinfacht. Auch werden Regelungen für die Ausübung von kurz- und langfristiger Intra-EU-Mobilität in der Bundesrepublik Deutschland für Inhaber einer Blauen Karte EU, die ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union ausgestellt hat, geschaffen. Zudem wird der Familiennachzug zu Inhabern einer Blauen Karte EU sowie die Erlangung der Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU erleichtert. Neu ist zudem, dass IT-Spezialisten künftig unter bestimmten Voraussetzungen eine Blaue Karte EU erhalten können, wenn sie zwar keinen Hochschulabschluss besitzen, aber bestimmte non-formale Qualifikationen nachweisen können. Mit diesen Regelungen soll die Attraktivität Deutschlands für besonders qualifizierte Drittstaatsangehörige gesteigert werden.

Die Bildungsmigration wird gestärkt, indem die Aufnahme eines Studiums in Deutschland noch attraktiver gemacht wird. Hierbei wird die Sicherung des Lebensunterhalts durch erweiterte Möglichkeiten zur Nebenbeschäftigung bei Studienaufenthalten erleichtert, indem die Möglichkeit geschaffen wird, die Höchstbeschäftigungszeiten nach den sozialrechtlichen Regelungen zu sogenannten Werkstudenten auch aufenthaltsrechtlich anzuwenden, um im erlaubten Rahmen zulässiger Nebentätigkeiten während des Studiums zu bleiben. Damit sollen verstärkt auch Studierende aus dem Ausland gewonnen werden, die ein erhebliches Potenzial als zukünftige akademische Fachkräfte mitbringen. Zudem werden einige Verbote von Nebentätigkeiten, vor allem beim Sprachkursbesuch, aufgehoben.

Durch die Einführung einer neuen Aufenthaltserlaubnis für eine Anerkennungspartnerschaft wird für vorqualifizierte Drittstaatsangehörige das Erlangen eines in Deutschland anerkannten Abschlusses attraktiver. Dazu kann das Anerkennungsverfahren – wie bisher nur im Rahmen von Vermittlungsabsprachen möglich – erst im Inland begonnen werden. Beschäftigte und Arbeitgeber verpflichten sich, das Anerkennungsverfahren zügig durchzuführen. Im Gegenzug kann die Fachkraft in Deutschland bereits vom ersten Tag an eine existenzsichernde Beschäftigung aufnehmen.

Für Personen mit einem ausländischen, mindestens zweijährigen Berufsabschluss oder einem Hochschulabschluss wird zur Arbeitssuche eine Chancenkarte auf Basis eines Punktesystems eingeführt. Mit den neuen §§ 20a und 20b AufenthG wird in Umsetzung des Koalitionsvertrages erstmals in Deutschland eine Chancenkarte auf Basis eines Punktesystems eingeführt, um Arbeitskräften zur Arbeitsplatzsuche den gesteuerten Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Zu den Auswahlkriterien gehören Sprachkenntnisse, Berufserfahrung, Alter und Deutschlandbezug. Die Chancenkarte bietet Möglichkeiten zur Probearbeit oder Nebenbeschäftigung. Der Wechsel in Aufenthaltstitel zu Erwerbs- oder Bildungszwecken wird gewährleistet. Auch dies dient dazu, neue Potenziale von geeigneten Arbeitnehmern für den deutschen Arbeitsmarkt zu erschließen, denen bislang die Arbeitsplatzsuche nicht möglich war. Zudem werden die Voraussetzungen für einen Aufenthaltstitel zum Zweck der Ausbildungsplatzsuche deutlich abgesenkt.

Indem Zweckwechselverbote entfallen, wird die Durchlässigkeit zwischen Aufenthalten zu Bildungs- und Erwerbszwecken gesteigert. Das erhöht die Flexibilität und damit auch die Attraktivität, nach Deutschland zu kommen. So können ausländische Auszubildende und Studierende ihren Aufenthalt fortsetzen, wenn sie die Voraussetzungen für die Ausübung einer qualifizierten Beschäftigung schon vor Abschluss der Ausbildung oder des Studiums in Deutschland erfüllen.

Die darüber hinaus geschaffene Möglichkeit, schneller eine Niederlassungserlaubnis zu erlangen, erhöht die Attraktivität für einwandernde Fachkräfte. Mithilfe der neuen Regelung des § 9 Absatz 3a kann der Ehegatte eines Stammberechtigten, der über eine Niederlassungserlaubnis für Fachkräfte verfügt, deutlich schneller als bislang (bereits nach drei Jahren anstelle von fünf Jahren) eine Niederlassungserlaubnis erhalten. Voraussetzung ist, dass der Ehegatte in ehelicher Lebensgemeinschaft mit dem Stammberechtigten lebt, seit drei Jahren im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis (z. B. zum Zweck des Ehegattennachzugs nach § 30) und im Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag auf die Erteilung der Niederlassungserlaubnis erwerbstätig im Umfang von mindestens 20 Stunden pro Woche ist. Nicht erforderlich ist dabei, dass der Ehegatte eine Beschäftigung auf Fachkraftniveau ausübt; auch Helfertätigkeiten genügen. Die Möglichkeit, deutlich schneller als bisher eine Niederlassungserlaubnis als Ehegatte einer Fachkraft zu erlangen, soll die Attraktivität der Fachkräfteeinwanderung – gerade auch für Familien – weiter steigern. Die Regelung soll Ehegatten von Fachkräften zudem einen Anreiz setzen, ebenfalls in Deutschland eine Erwerbstätigkeit auszuüben. Damit haben nicht nur Ehegatten von deutschen Staatsangehörigen, sondern grundsätzlich auch Ehegatten von ausländischen Fachkräften zukünftig die Möglichkeit, eine Niederlassungserlaubnis schon nach drei Jahren zu erhalten.