Die Zukunft des Wirtschaftsstandortes Deutschland hängt in entscheidendem Maße davon ab, wie gut es gelingt, die Fachkräftebasis der Unternehmen und Betriebe zu sichern und zu erweitern. Der Wohlstand, die Stabilität der sozialen Sicherungssysteme und daran anknüpfend der soziale Zusammenhalt sind als wesentliche Elemente der Sozialen Marktwirtschaft eng an die Stärke der Wirtschaft gekoppelt. Diese gilt es, durch gute Rahmenbedingungen und eine vorausschauende Fachkräftesicherung auch in Zukunft zu erhalten und auszubauen. Hierzu hat die Bundesregierung am 2. Oktober 2018 Eckpunkte zur Einwanderung von Fachkräften aus Drittstaaten beschlossen..
Danach wird das Fachkräfteeinwanderungsgesetz, das den rechtlichen Rahmen für eine gezielte, an den Bedarfen orientierte Steuerung und Stärkung der Fachkräfteeinwanderung schafft, notwendig ergänzt durch Beschleunigungen bei der Anerkennung ausländischer Abschlüsse, eine verstärkte Förderung des Erwerbs der deutschen Sprache im Ausland, eine gemeinsam mit der Wirtschaft zu erarbeitende Strategie für eine gezielte Fachkräftegewinnung und ein verbessertes Marketing sowie effizientere und transparentere Verwaltungsverfahren.
Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz ist wesentlicher Bestandteil der Eckpunkte der Bundesregierung und schafft innerhalb des bestehenden migrationspolitischen Ordnungsrahmens die Voraussetzungen dafür, dass diejenigen Fachkräfte, die die deutsche Wirtschaft benötigt, nach Deutschland kommen können. Es wird klar und transparent geregelt, wer zu Arbeits- und zu Ausbildungszwecken kommen darf und wer nicht. Dafür werden die Vorschriften über Ausbildung und Erwerbstätigkeit des Aufenthaltsgesetzes gänzlich neu strukturiert und umfassend neu gefasst. Zudem wird die Beschäftigungsverordnung entsprechend angepasst. Im Mittelpunkt stehen entsprechend des wirtschaftlichen Bedarfs qualifizierte Fachkräfte. Diese werden zentral und erstmals einheitlich definiert als Fachkräfte mit Berufsausbildung und Fachkräfte mit akademischer Ausbildung.
Im Wettbewerb um die besten ausländischen Fachkräfte müssen auch im Inland die nötigen Strukturen geschaffen werden, um interessierte Fachkräfte von Deutschland überzeugen zu können. Um die Verwaltungsverfahren effizienter und serviceorientierter zu gestalten, soll die ausländerbehördliche Zuständigkeit für die Einreise von Fachkräften bei zentralen Stellen konzentriert werden. Für schnellere Verfahren wird ein beschleunigtes Fachkräfteverfahren geschaffen.
Mit dem Gesetzentwurf werden die Länder angehalten jeweils mindestens eine zentrale Ausländerbehörde für die Einreise von ausländischen Fachkräften und die Ersterteilung der Aufenthaltserlaubnis an diese und ihre miteinreisenden Familienangehörigen einzurichten. Zusammen mit einem beschleunigten Fachkräfteverfahren, das vom Arbeitgeber in Vollmacht einer ausländischen Fachkraft oder eines sonstigen qualifizierten Beschäftigten im Inland initiiert werden kann, wird ein Verfahren vorgehalten, das zu einer schnelleren Besetzung freier Stellen führen wird.
Wenn ein Arbeitsvertrag und eine anerkannte Qualifikation vorliegen, können Fachkräfte in allen Berufen, zu denen sie ihre Qualifikation befähigt, arbeiten. Der Begriff der Fachkraft umfasst sowohl Fachkräfte mit Berufsausbildung als auch Fachkräfte mit akademischer Ausbildung. Bei Fachkräften mit Berufsausbildung muss eine qualifizierte Berufsausbildung im Inland oder im Ausland erworben worden sein. Bei Fachkräften mit akademischer Ausbildung muss dementsprechend ein deutscher, ein anerkannter ausländischer oder ein einem deutschen Hochschulabschluss vergleichbarer Hochschulabschluss vorliegen.
Die Beschränkung auf die Engpassbetrachtung entfällt. Auf die Vorrangprüfung wird bei Fachkräften im Grundsatz verzichtet; verbunden wird dies jedoch mit der Möglichkeit, auf Veränderungen des Arbeitsmarktes unkompliziert reagieren und die Vorrangprüfung kurzfristig wieder einführen zu können. Die Möglichkeiten des Aufenthalts zur Arbeitsplatzsuche für Fachkräfte werden in einer Norm zusammengefasst. Für Fachkräfte mit Berufsausbildung wird die Möglichkeit zur befristeten Einreise zur Arbeitsplatzsuche analog zur Regelung für Fachkräfte mit akademischer Ausbildung geschaffen und für fünf Jahre befristet erprobt. Zudem wird der Aufenthalt zu ergänzenden Qualifizierungsmaßnahmen und zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen bei vorliegenden Teilqualifikationen erweitert und attraktiver gestaltet und unter Einbindung der Bundesagentur für Arbeit eine begrenzte Möglichkeit geschaffen, unter bestimmten Voraussetzungen die Anerkennung erst in Deutschland durchzuführen.
Herzstück des Gesetzentwurfs ist die Neuregelung der Erwerbstätigkeit (§ 4a AufenthG-E). Diese stellt klar, dass ein Ausländer, wenn er einen Aufenthaltstitel besitzt, im Bundesgebiet grundsätzlich einer Erwerbstätigkeit nachgehen darf (Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt). Das bisher bestehende Verbot mit Erlaubnisvorbehalt wird aufgehoben. Damit wird das Regel-Ausnahme-Verhältnis in der Frage, wann die Ausübung der Erwerbstätigkeit erlaubt ist, an die Veränderungen angepasst, die in den letzten Jahren erfolgt sind. Denn mittlerweile ist in den allermeisten Fällen einer Aufenthaltserlaubnis die Erwerbstätigkeit kraft Gesetzes gestattet.
Die Folge der Umkehrung des Regel-Ausnahme-Verhältnisses wird dadurch erkennbar, dass in den Tatbeständen des Aufenthaltsgesetzes, in denen die Erwerbstätigkeit verboten ist, eine explizite diesbezügliche Regelung aufgenommen wird. Umgekehrt wird in den Tatbeständen, die bislang ausdrücklich die Erwerbstätigkeit gestatten, dieser Hinweis (in der Regel durch die Formulierung: „Erwerbstätigkeit ist gestattet“) gestrichen; er ist wegen der Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt künftig überflüssig.
Für Ausländer ohne Aufenthaltstitel erfolgt durch die Umkehrung des Regel-Ausnahme-Verhältnisses keine Rechtsänderung; sie unterliegen einem Verbot mit Erlaubnisvorbehalt. Denn die Erlaubnis, eine Erwerbstätigkeit ausüben zu dürfen, ist an den Besitz eines Aufenthaltstitels genknüpft. Besitzt der Ausländer keinen Aufenthaltstitel, sondern eine Duldung oder Aufenthaltsgestattung, so kann die sich die Berechtigung zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit aus einer aus einer behördlichen Erlaubnis ergeben. Soweit bereits nach geltender Rechtslage auch ohne Besitz eines Aufenthaltstitels die Erwerbstätigkeit durch die Ausländerbehörde erlaubt werden kann (z.B. Duldung, Aufenthaltsgestattung), gilt dies weiter.
Die Steigerung der Zuwanderung von Fachkräften in Ausbildungsberufen ist ein Schwerpunktanliegen dieses Gesetzes; gleichzeitig erfüllen ausländische Ausbildungsabschlüsse häufig nicht den für eine Anerkennung erforderlichen Anforderungen. Die Neuregelung ermöglicht einen Aufenthalt zur Anerkennung von im Ausland erworbenen Berufsqualifikationen im Rahmen von sogenannten Vermittlungsabsprachen zwischen der Bundesagentur für Arbeit und der Arbeitsverwaltung des Herkunftslandes. Er trägt dem Bedürfnis der Praxis nach Heranführen der ausländischen Fachkräfte an die hiesige Arbeitswelt und paralleler Vervollständigung der Qualifikation zur Feststellung der Anerkennung Rechnung. Während des Anerkennungsverfahrens üben die Ausländer bereits eine Beschäftigung im erstrebten Berufsfeld aus. Durch die Ausübung der Beschäftigung können die Ausländer bereits ihre Kenntnisse und Fähigkeiten in einem beruflichen Umfeld einsetzen und vertiefen und ihren Lebensunterhalt selbst sichern. Die Bundesagentur für Arbeit begleitet das Verfahren im Inland, sodass gewährleistet ist, dass die Anerkennung tatsächlich erlangt wird.
Zudem wird eine Erleichterung im Rahmen von sogenannten Vermittlungsabsprachen auch für sonstige ausgewählte Berufe unter Berücksichtigung der Angemessenheit der Ausbildungsstrukturen im Herkunftsland vorgesehen, die insbesondere im Bereich des Handwerks dazu beitragen soll, Anerkennungsverfahren zu erleichtern und zu beschleunigen.
Wichtig sind auch die Regelungen für Asylbewerber und ausreisepflichtige Ausländer hinsichtlich der Möglichkeit, Ausbildungen aufzunehmen. Wie bislang besteht bei Vorliegen der Voraussetzungen ein Anspruch auf die Erteilung der Ausbildungsduldung. Den Ausländerbehörden wird aber die Möglichkeit eingeräumt, in Ausnahmefällen die Ausbildungsduldung zu versagen. Derartige Ausnahmefälle sind insbesondere Fälle, in denen eine missbräuchliche Beantragung der Ausbildungsduldung vorliegt, beispielsweise bei Scheinausbildungsverhältnissen oder wenn von vornherein aufgrund konkreter Anhaltspunkte ausgeschlossen erscheint, dass die Ausbildung zum Erfolg geführt werden kann. Für die auch nach der neuen Rechtslage erforderliche Beschäftigungserlaubnis steht den Ausländerbehörden bei Vorliegen der Voraussetzungen der Ausbildungsduldung kein Ermessen zu.