Spanien verletzt die Kinderschutzrechtskonvention durch Abschiebung eines Minderjährigen von Melilla nach Marokko

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Der UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes hat festgestellt, dass die Rechte eines unbegleiteten Minderjährigen nach der Kinderschutzrechtskonvention von Spanien verletzt wurden, als dieser im Rahmen einer Kollektivausweisungen ("Push Backs") durch die spanische Guardia Civil am 2. Dezember 2014 von Melilla nach Marokko abgeschoben wurde.

Der Beschwerdeführer ist ein minderjähriger malischer Bürger, der am 10. März 1999 geboren wurde, verließ im Jahr 2013 sein Dorf in Mali wegen des bewaffneten Konflikts. Er kam im Februar 2014 in Marokko an und verbrachte fast ein Jahr in den informellen Migrantenlagern auf dem Berg Gurugú um die spanische Enklave Melilla.Der Minderjährige versuchte mehrmals, die Grenzzäune zu überwinden, die Melilla von marokkanischem Gebiet trennen. Am 2. Dezember 2014 erreichte der Minderjährige die Spitze des dritten Zauns und sah, dass andere Personen, die auf der anderen Seite den Zaun hinunterkletterten, von den spanischen Sicherheitskräften kurzerhand zurückgedrängt und an marokkanische Streitkräfte übergeben wurden. Dann wartete der Autor aus Angst vor einer Abschiebung und möglicher Misshandlung und Gewalt durch marokkanische Streitkräfte mehrere Stunden am oberen Ende des Zauns. Während dieser Zeit wurde ihm keinerlei Hilfe angeboten. Er hatte keinen Zugang zu Wasser oder Essen. Er konnte auch nicht mit der Guardia Civil kommunizieren, da er kein Spanisch sprach und keine Dolmetscher anwesend waren. Als er vom Zaun herunterkletterte, wurde er von der Guardia Civil verhaftet und anschließend nach Marokko abgeschoben. Zu keinem Zeitpunkt wurde seine Identität überprüft. Außerdem wurde ihm die Möglichkeit verwehrt, seine persönlichen Umstände zu erklären, sein Alter anzugeben, seine bevorstehende Abschiebung anzufechten oder als unbegleitetes Kind Schutz zu beanspruchen. Er wurde nicht von Anwälten, Dolmetschern oder Ärzten unterstützt.

Um den 30. Dezember 2014 gelang es dem Minderjährigen über Melilla nach Spanien zu gelangen, wo er dank der Unterstützung einer Nichtregierungsorganisation in einem Wohnheim für Minderjährige untergebracht wurde.

Der UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes hatte zu entscheiden, ob durch die spanische Guardia Civil am 2. Dezember 2014 seine Rechte aus dem Übereinkommen verletzt hat.

Der Ausschuss vertritt die Ansicht, dass die Verpflichtungen des Staates, unbegleiteten Kindern gemäß Artikel 20 des Übereinkommens besonderen Schutz und Unterstützung zu gewähren, auch "in Bezug auf diejenigen Kinder gelten, die bei dem Versuch, in das Hoheitsgebiet des Landes einzureisen, unter die Zuständigkeit des Staates fallen". Ebenso ist der Ausschuss der Ansicht, dass "der positive Aspekt dieser Schutzverpflichtungen auch darin besteht, dass die Staaten verpflichtet werden, alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um Kinder als unbegleitete oder getrennte Kinder zu identifizieren, und zwar so früh wie möglich, auch an der Grenze".

Dementsprechend ist es zwingend und notwendig, dass der Staat zur Erfüllung seiner Verpflichtungen aus Artikel 20 des Übereinkommens und zur Wahrung des Kindeswohls eine erste Bewertung vor jeder Entfernung oder Rückkehr durchführt, die folgende Phasen umfasst:

  • vorrangige Beurteilung, ob es sich bei der betreffenden Person um einen unbegleiteten Minderjährigen handelt,
  • Überprüfung der Identität des Kindes durch ein erstes Gespräch und
  • Bewertung der besonderen Situation des Kindes.

Der Ausschuss ist auch der Ansicht, dass ein Kind in Übereinstimmung mit seinen Verpflichtungen aus Artikel 37 des Übereinkommens, nicht in ein Land zurückgebracht werden soll, „in dem es triftige Gründe für die Annahme gibt, dass ein echtes Risiko eines irreparablen Schadens für das Kind besteht".

Im vorliegenden Fall stellt der Ausschuss fest, dass

  • der Beschwerdeführer als unbegleitetes Kind, das seiner familiären Umgebung beraubt war, nach Spanien gekommen sei,
  • er sich mehrere Stunden lang auf einen der Grenzzäune von Melilla befunden habe, ohne irgendeine Form der Unterstützung durch die spanischen Behörden zu erhalten,
  • er sobald er vom Zaun heruntergeklettert war, verhaftet, gefesselt und von der spanischen Zivilgarde direkt nach Marokko zurückgebracht worden sei, und
  • er weder Unterstützung noch einen Dolmetscher erhalten habe, um seine Rechte geltend machen zu können.

Der Ausschuss ist der Ansicht, dass der Beschwerdeführer in seinen Rechten aus den Artikeln 3 und 20 des Übereinkommens zum Schutz der Kinder verletzt worden sei, als er als unbegleitetes Kind nach Marokko abgeschoben worden sei.

Schließlich vertritt der Ausschuss der Ansicht, dass die Art und Weise, wie der Verfasser als unbegleitetes Kind behandelt worden sei, eine nach Artikel 37 des Übereinkommens verbotene Behandlung darstelle.

Spanien wurde verpflichtet dem Beschwerdeführer eine angemessene Entschädigung zu gewähren. Weiterhin wurde Spanien zum einen verpflichtet, ähnliche Verstöße in Zukunft zu verhindern, und zum anderen aufgegeben, die Praxis der automatischen Abschiebung an der Grenze zu überarbeiten.