Erweiterung des Beschwerdeausschlusses nach § 80 AsylG

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Das Rückführungsverbesserungsgesetz ist beschlossen, aber noch nicht ausgefertigt und verkündet worden. Es wird am Tag nach der Verkündung in Kraft treten. Über den Innenausschuss des Bundestags ist noch eine bedeutsame Änderung aufgenommen worden. Das Asylgesetz soll auch in § 80 AsylG geändert werden, indem die Norm um einen Passus (Hervorhebung) ergänzt wird (vgl. BT-Drs. 20/10090, S. 11):

§ 80 Ausschluss der Beschwerde

Entscheidungen in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz und über Maßnahmen zum Vollzug der Abschiebungsandrohung (§ 34) oder der Abschiebungsanordnung (§ 34a) nach dem Aufenthaltsgesetz können vorbehaltlich des § 133 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

In der Begründung (BT-Drs. 20/10090, S. 21) heißt es dazu:

„Mit der Änderung wird bewirkt, dass bei Rechtsstreitigkeiten nach erfolglosem Asylverfahren, in denen die asylrechtliche Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnungen durch die zuständigen Behörden nach dem Aufenthaltsgesetz vollzogen werden und in denen der Streitgegenstand als asylrechtlich anzusehen ist, die Beschwerde vorbehaltlich der Anfechtung der Nichtzulassung der Revision ausgeschlossen ist.“

Mit der bevorstehenden Regelung erweitert der Gesetzgeber den Beschwerdeausschluss, um den Vollzug asylrechtlicher Vollstreckungstitel nach erfolglosen Asylverfahren effektiver zu machen. Der Gesetzgeber hat eine eigenständige Alternative ("und") in § 80 AsylG aufgenommen. Neben Streitigkeiten nach dem Asylgesetz werden nun auch ausländerrechtliche Streitigkeiten erfasst, die auf den Vollzug asylrechtlicher Vollstreckungstitel gerichtet sind. Die neue Alternative des Beschwerdeausschlusses erfasst mithin Maßnahmen, die der unmittelbaren Durchsetzung der asylrechtlich determinierten Ausreisepflicht dienen, aber auch Begehren, mit denen ein Unterlassen der Abschiebung aus einem asylrechtlichen Vollstreckungstitel erreicht werden soll. Denn das Ziel der Gesetzesnovelle ist erkennbar eine Verbesserung der Rückführung abgelehnter Asylbewerber. Der Beschwerdeausschluss bezüglich des Unterlassens von Abschiebungsmaßnahmen erfasst insbesondere auch Anträge auf Duldung nach § 60a Abs. 2 AufenthG.

Soweit es um ein Begehren auf Aussetzung der Abschiebung geht (Duldung), ist maßgeblich darauf abzustellen, ob eine asylrechtliche Abschiebungsandrohung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die Grundlage der Abschiebung bildet. Keine Rolle spielt hingegen, aus welchen Rechtsgrundlagen ein Vollstreckungshindernis abgeleitet wird. Das gesamte Verfahren der Aufenthaltsbeendigung abgelehnter Asylbewerber muss als funktionelle Einheit begriffen werden, unabhängig von der Frage, wo etwaige die Vollstreckung vorläufig hindernde Gegenrechte ihre rechtliche Grundlage haben.

Da die neu eingeführte Alternative nicht lediglich eine Konkretisierung der bereits geregelten "asylrechtlichen Streitigkeit" darstellt, stellt sich die Frage, weshalb der Gesetzgeber in der Begründung auf einen asylrechtlichen Streitgegenstand abstellt. Würde sich der Vollzug einer asylrechtlichen Abschiebungsgrundlage bereits als asylrechtliche Streitigkeit darstellen, wäre die neue Alternative des Beschwerdeausschlusses nicht erforderlich gewesen. Es wäre ausreichend gewesen, wenn der Gesetzgeber eine Klarstellung - Satz 1 gilt auch für Maßnahmen des Vollzugs (...) - vorgenommen hätte. Der Hinweis in der Gesetzesbegründung deutet darauf hin, dass ausschließlich der Vollzug asylrechtlicher Abschiebungsandrohungen und Abschiebungsanordnungen verbessert werden soll. Eine rechtliche Einstufung als asylrechtliche Streitigkeit ist hiermit aber nicht verbunden.  

Da der Rechtsmittelausschluss eine Ausnahme des Gebots effektiven Rechtsschutzes normiert, ist die Regelung restriktiv auszulegen. Ausländerrechtliche Maßnahmen, die dem Vollzug vorgelagert sind und bei denen ein Beschwerdeverfahren keinen Einfluss auf die Vollstreckung der asylrechtlichen Vollstreckungstitel hätte, unterliegen nach Sinn und Zweck der Regelung keinem Beschwerdeausschluss. 

Mit der Gesetzesänderung dürften auch die seitens des Bundesverfassungsgerichts geäußerten Bedenken an einem Beschwerdeausschluss in Verfahren nach § 123 VwGO, die auf Duldungen gerichtet sind (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 30. November 2023 - 2 BvR 1478/23 -), im Ergebnis nicht mehr haltbar sein. Jedenfalls ist es nunmehr Aufgabe der Verwaltungsgerichtsbarkeit, die Reichweite der neuen Alternative des Beschwerdeausschlusses auszulegen. Denn das Bundesverfassungsgericht ist nicht für die Auslegung einfachen Rechts zuständig.