Gesetzentwurf zur Bekämpfung von Scheinvaterschaften

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Mit der Beschlussempfehlung und dem Bericht des Innenausschusses (4. Ausschuss) zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht soll ein behördliches Verfahren zur Prüfung des Vorliegens einer missbräuchlichen Vaterschaftsanerkennung in das Aufenthaltsgesetz aufgenommen werden. Diese Regelung kommt völlig überraschend und war bis zur Beschlussempfehlung nicht Gegenstand des Gesetzgebungsverfahrens gewesen. Insoweit bleibt abzuwarten, ob sich die Bundesländer an die für den Gesetzentwurf erzielte Vorabeinigung im Rahmen der Innenministerkonferenz im Bundesrat gebunden fühlen.

Die Prüfung, ob eine missbräuchliche Vaterschaftsanerkennung vorliegt, erfolgt in einem gestuften Verfahren.
Danach hat die beurkundende Behörde oder Urkundsperson zunächst zu prüfen, ob konkrete Anhaltspunkte für eine missbräuchliche Anerkennung im Sinne des neuen § 1597a Absatz 2 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gegeben sind. Dafür sind als Hilfestellung die im § 1597a Absatz 2 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs genannten Missbrauchsanzeichen aufgeführt. Liegen konkrete Anhaltspunkte für eine missbräuchliche Anerkennung der Vaterschaft vor, ist die Beurkundung der Anerkennungserklärung nicht vorzunehmen, sondern nach § 1597a Absatz 2 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auszusetzen und die Aussetzung der zuständigen Behörde mitzuteilen, die nach § 85a des Aufenthaltsgesetzes prüft, ob ein Missbrauch tatsächlich vorliegt.

Vor der Mitteilung an die zuständige Behörde hat die beurkundende Behörde oder die Urkundsperson den Mann, der die Beurkundung seiner Vaterschaftsanerkennung beantragt hat, und die Mutter des Kindes zu den festgestellten Anhaltspunkten für eine missbräuchliche Vaterschaftsanerkennung anzuhören. Liegen konkrete tatsächliche Verdachtsgründe vor, muss den Beteiligten Gelegenheit gegeben werden, diese auszuräumen; die Beteiligten trifft insoweit die Darlegungslast. Die Betroffenen sollen darauf hingewiesen werden, dass bei Vorliegen konkreter Anhaltspunkte der Vorgang entsprechend den gesetzlichen Vorschriften der zuständigen Ausländerbehörde zur Prüfung vorgelegt wird und das Beurkundungsverfahren bis zum Abschluss dieses Verfahrens ausgesetzt wird.
Die zuständige Behörde nach § 85a des Aufenthaltsgesetzes ist in der Regel die Ausländerbehörde; im Ausland sind nach § 85a Absatz 4 des Aufenthaltsgesetzes die Auslandsvertretungen des Auswärtigen Amts für die Missbrauchsprüfung zuständig.

Für die Dauer der Prüfung ist die Beurkundung auszusetzen. Gemäß § 1597a Absatz 2 Satz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sind der Anerkennende, die Mutter und das zuständige Standesamt von der Aussetzung zu unterrichten. Das Standesamt, das den Geburtseintrag des Kindes führt, hat aufgrund der vorgesehenen Mitteilung Kenntnis darüber, ob bereits ein Verfahren zur Überprüfung eines Verdachts auf eine missbräuchliche Anerkennung bei einer Behörde eingeleitet oder mit der Feststellung eines Missbrauchs abgeschlossen wurde. Eine zeitlich nach diesen Mitteilungen abgegebene Anerkennung ist nach Absatz 3 unwirksam und die Eintragung des Anerkennenden als Vater des Kindes daher vom Standesbeamten abzulehnen. Somit ist sichergestellt, dass nur wirk- same Anerkennungen in das Geburtenregister eingetragen werden.

Wenn die Ausländerbehörde oder die deutsche Auslandsvertretung bestandskräftig festgestellt hat, dass die Anerkennung missbräuchlich ist, ist die Beurkundung abzulehnen, andernfalls ist die Beurkundung der Anerkennungserklärung durch die beurkundende Behörde oder die Urkundsperson vorzunehmen.
Die Ausländerbehörde wird verpflichtet und ermächtigt, ein Prüfverfahren einzuleiten, wenn sie eine Mitteilung einer beurkundenden Behörde oder einer Urkundsperson nach dem neuen § 1597a Absatz 2 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs erhält.

Ergibt die Prüfung, soweit erforderlich, dass eine missbräuchliche Anerkennung der Vaterschaft oder eine missbräuchliche Zustimmung vorliegt, stellt die Behörde dies durch Verwaltungsakt fest. Eine missbräuchliche Anerkennung der Vaterschaft wird in den in Absatz 2 geregelten Fällen vermutet. Darüber hinaus kann eine missbräuchliche Anerkennung der Vaterschaft jedoch auch in anderen Fällen vorliegen. Indizien hierfür können beispielsweise sein, dass keinerlei Hinweis auf eine tatsächliche Begegnung der Mutter mit dem Mann oder auf eine zwischen ihnen bestehende soziale oder emotionale Verbindung existiert, wenn zudem das aus der Anerkennung folgende Aufenthaltsrecht in Deutschland die einzige zu erwartende Möglichkeit eines rechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet für Anerkennenden, Kind oder Mutter ist. Auch das Fehlen von persönlichen Kontakten zwischen Mann und Kind kann Indiz für eine missbräuchliche Anerkennung der Vaterschaft sein.

Kann eine missbräuchliche Anerkennung der Vaterschaft nicht festgestellt werden, ist das Prüfverfahren von der Ausländerbehörde einzustellen. Da das Prüfverfahren von Amts wegen eingeleitet wird, kann die Ausländerbehörde das Verfahren einstellen, wenn sie zu dem Ergebnis gelangt, dass sich der mitgeteilte Verdacht nicht bestätigt. Eine Zustimmung der Beteiligten ist nicht erforderlich. Sie sind lediglich über die Einstellung zu informieren (vergleiche § 85a Absatz 3 Satz 2 des Aufenthaltsgesetzes ). Da die Einstellung für den Anerkennenden und die Mutter nicht belastend ist, ist eine rechtsmittelfähige Bescheidung entbehrlich.

Die Neuregelung begründet in Absatz 2 die gesetzliche Vermutung einer missbräuchlichen Anerkennung in den dort genannten Fällen. Sie schließen mit dem Merkmal „regelmäßig“ andere Konstellationen missbräuchlicher Vaterschaftsanerkennungen nicht aus. Bei Vorliegen einer der Tatbestände wird regelmäßig eine missbräuchliche Anerkennung vermutet; diese Vermutung ist allerdings widerlegbar. Die genannten Fälle begründen somit eine Vermutungswirkung, die aber bei atypischen Konstellationen an den allgemeinen Beweislastregelungen im Verwaltungsverfahren nichts ändert. Danach trägt die Behörde grundsätzlich die Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen für die von ihr geplanten Maßnahmen. Das Vorliegen eines der in Absatz 2 genannten Tatbestände bewirkt jedoch eine Erleichterung der Anforderungen an den zu führenden Beweis, wenn das Verfahren keine Anhaltspunkte für mögliche abweichende Beweggründe bietet. Eine abweichende Bewertung kann sich trotz Vorliegens eines Regelfalls etwa daraus ergeben, dass der anerkennende Vater nachweisbar eine sozial-familiäre Beziehung zu dem Kind begründet hat oder sich außerhalb einer sozial-familiären Beziehung in vergleichbarer Weise um das Kind kümmert.

Verfahrensrechtlich wird die Neuregelung begleitet von einem Duldungsanspruch während des laufenden Verfahrens. Die geplante Regelung des § 60a Absatz 2 Satz 13 des Aufenthaltsgesetzes soll gewährleistet werden, dass keine Abschiebung erfolgt, solange eine Ausländerbehörde das Vorliegen einer missbräuchlichen Vaterschaftsanerkennung nach dem neuen § 85a des Aufenthaltsgesetzes prüft und deswegen die Beurkundung der Anerkennung oder die der Zustimmung der Mutter ausgesetzt ist. Der neue § 60a Absatz 2 Satz 13 des Aufenthaltsgesetzes soll jedoch grundsätzlich keine Anwendung finden, wenn einer Feststellung nach § 85a Absatz 1 Satz 2 des Aufenthaltsgesetzes ein Widerspruchs- oder Klageverfahren folgt. Daher ordnet der neue § 84 Absatz 1 Satz 1 Nummer 9 des Aufenthaltsgesetzes an, dass Widerspruch und Klage gegen eine Missbrauchsfeststellung keine aufschiebende Wirkung entfalten. Die Betroffenen haben jedoch die Möglichkeit, die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Rechts- mittels zu beantragen.

Hat die Ausländerbehörde oder die Auslandsvertretung festgestellt, dass eine missbräuchliche Vaterschaftsanerkennung oder Zustimmung nicht vorliegt oder hat die beurkundende Behörde oder die Urkundsperson keine konkreten Anhaltspunkte für einen Missbrauch festgestellt und ist deshalb die Beurkundung vorgenommen worden, so bleiben die Anerkennung und die Zustimmung auch dann wirksam, wenn später konkrete Anhaltspunkte dafür bekannt werden, dass sie missbräuchlich gewesen sein könnten.