Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat am 19. September 2019 (Az.: 20 W 311/18) eine wichtige Entscheidung zur Anfechtung der Vaterschaftsanerkennung getroffen. Danach hat der Gesetzgeber über das präventive Aussetzungsverfahren hinausgehende Rechtsfolgen nicht vorgesehen. Nach der bestehenden Gesetzeslage ist eine bereits erfolgte, formell ordnungsgemäß beurkundete und nach § 1598 Abs. 1 BGB nicht unwirksame Anerkennung der Vaterschaft vom Standesamt in das Geburtenregister einzutragen. Dies gilt auch, wenn das Standesamt oder die Ausländerbehörde aufgrund der Gesamtumstände den Eindruck einer missbräuchlichen Vaterschaftsanerkennung haben.
Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde.
Die Kindesmutter hat, eine serbische Staatsangehörige, hat im Januar 2018 ein Kind zur Welt gebracht Sie ist im Besitz einer Duldung, die mit dem Ende der Mutterschutzfrist endete.
Ein zuletzt in Berlin lebender deutscher Staatsangehöriger, hatte bereits vorgeburtlich 2017 gegenüber einem Notar mit Zustimmung der Kindesmutter die. Vaterschaft .für das von ihr erwartete Kind anerkannt, wobei für die nach eigenen Angaben der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtige, Kindesmutter eine Bekannte als Dolmetscherin für die serbische Sprache hinzugezogen wurde.
Die Kindesmutter und der deutsche Staatsangehörige erschienen Anfang 2018 bei dem Standesamt und legten eine Ausfertigung der notariellen Vaterschaftsanerkennungsurkunde zur Eintragung des Vaters im Geburtenregister vor. Das Standesamt hatte aufgrund der Gesamtumstände den Eindruck einer Missbräuchlichen Vaterschaftsanerkennung und legte dem Amtsgericht die Sache mit der Bitte um Anweisung vor, ob die Vaterschaftsanerkennung im Geburtenregister einzutragen sei. Zur Begründung wurde ausgeführt, obwohl konkrete Anhaltspunkte für die Missbräuchlichkeit vorlägen, sei seitens der Notarin die Aussetzung der Beurkundung versäumt worden; § 1597a BGB lasse offen, ob in einem solchen Fall seitens des Standesamtes · die Eintragung im Geburtenregister abzulehnen sei.
Der Amtsrichter erließ sodann einen ·Beschluss, mit welchem er feststellte, dass die am 2017 erteilte Vaterschaftsanerkennung unwirksam sei. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Kindesmutter sei zum Zeitpunkt der Anerkennung vollziehbar ausreisepflichtig gewesen, zudem fehle es an einer persönlichen Beziehung zwischen der Kindesmutter und dem Deutschen.
Gegen den Beschluss hat die Kindesmutter im Oktober 2018 Beschwerde eingelegt. Zur Begründung wird im Wesentlichen geltend gemacht, für den Erlass des amtsgerichtlichen Beschlusses, der über das. Ersuchen des Standesamtes in der Zweifelsvorlage hinausgehe, fehle es an einer Rechtsgrundlage. Die Vaterschaftsanerkennung sei nicht unwirksam, weil sie den Erfordernissen der §§ 1594 Abs. 2 bis 4 und 1595 bis 1597 BGB genüge. § 1597a BGB, der nach der gesetzgeberischen Intention und seinem Wortlaut ausschließlich der Verhinderung bzw. zunächst Aussetzung der Beurkundung diene, biete dem Standesamt nach erfolgter Anerkennung keine Ermächtigung zur Aussetzung der Eintragung des Vaters im Geburtenregister.
Die Beschwerde hatte Erfolg. Der Deutsche ist nach § 1592 Nr. 2 BGB als Vater des Kindes anzusehen und deshalb als solcher in das Geburtenregister einzutragen ist.
Das Gericht führte hierzu aus:
Gemäß § 1598 Abs. 1 BGB ist die Anerkennung der Vaterschaft nur dann unwirksam, wenn sie den Erfordernissen nach § 1594 Abs. 2 bis 4 und der §§ 1595 bis 1597 BGB nicht genügt oder entgegen § 1597a Abs. 3 BGB während der Aussetzung der Beurkundung vor einer anderen beurkundenden Behörde gemäß § 1597a Abs. 2 S. 1 BGB erfolgt ist.
Bei § 1598 Abs. 1 BGB handelt es sich um eine Spezialregelung, durch welche die Gründe, die zu einer Unwirksamkeit einer Vaterschaftsanerkennung führen können, abschließend auf die dort ausdrücklich genannten Gründe bzw. Rechtsverletzungen beschränkt wird. Mit dieser Regelung soll im Interesse der rechtspolitisch erwünschten baldigen und endgültigen Klarstellung des Status des Kindes und einer diesbezüglichen Rechtssicherheit die Anwendbarkeit aller anderen allgemeinen Unwirksamkeitsgründe ausgeschlossen werden.
Unwirksamkeitsgründe nach den in § 1598 Abs. 1 BGB ausdrücklich aufgeführten Vorschriften sind im vorliegenden Fall jedoch nicht gegeben.
Der Senat teilt des Weiteren in tatsächlicher Hinsicht die Einschätzung des Standesamtes und des Amtsgerichts, dass nach den eingangs geschilderten Gesamtumständen im vorliegenden Fall jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt konkrete Anhaltspunkte für das Vorliegen einer derartigen missbräuchlichen Anerkennung der Vaterschaft vorliegen dürften.
Mit der durch das Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht vom 20. Juli 2017 (BGBI. 1 S. 2780) eingeführten Neuregelung des § 1597a BGB hat der Gesetzgeber auf die vorausgegangene Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Dezember 2013 reagiert, mit welcher die durch das Gesetz zur Ergänzung des Rechts zur Anfechtung der Vaterschaft vom 13. März 2008 (BGBI. 1 S. 313) mit Wirkung zum 01. Juni 2008 neu eingeführte Regelung eines behördlichen Rechts zur Anfechtung eines Vaterschaftsanerkenntnisses in § 1600 Abs. 1 Nr. 5 und Abs. 3 BGB a.F. für verfassungswidrig und nichtig erklärt worden war. Dabei hat der Gesetzgeber bei der Neuregelung des § 1597a BGB bewusst einen präventiven Ansatz gewählt, um missbräuchliche Vaterschaftsanerkennungen bereits im Vorfeld mithilfe einer Missbrauchskontrolle durch die Ausländerbehörde zu verhindern; damit soll erreicht werden, dass die daran anknüpfenden statusrechtlichen Folgen erst gar nicht zur Entstehung gelangen. Zu diesem Zweck wurde deshalb eine Verpflichtung der mit der Beurkundung von Vaterschaftsanerkenntnissen befassten Behörden und Notare zur Aussetzung des Beurkundungsverfahrens eingeführt, wenn konkrete Anhaltspunkte für eine missbräuchliche Anerkennung der Vaterschaft im Sinne des § 1597a Abs. 1 BGB bestehen, für deren Vorliegen zugleich - allerdings nicht abschließend - enumerativ _in § 1597 Abs. 2 S. 2 Nr. 1-5 BGB typische Anzeichen aufgelistet werden.
Zugleich ist das Bestehen konkreter Anhaltspunkte für eine missbräuchliche Anerkennung der Vaterschaft nach Anhörung des Anerkennenden und der Mutter der nach § 85a AufenthG zuständigen Ausländerbehörde mitzuteilen, welche sodann nach § 1597a Abs. 3 S. 4 BGB festzustellen hat, ob eine missbräuchliche Anerkennung der Vaterschaft in diesem Sinne vorliegt und eine Beurkundung deshalb zu unterbleiben hat. Ist diese Entscheidung der Ausländerbehörde unanfechtbar, so ist die Beurkundung abzulehnen.
Über das präventive Aussetzungsverfahren hinausgehende Rechtsfolgen hat der Gesetzgeber aber gerade nicht vorgesehen. Insbesondere wird in der Spezialregelung des § 1598 Abs. 1 BGB bei der Aufzählung der Unwirksamkeitsgründe nur auf die Absätze 3 und 4 des § 1597a BGB verwiesen, nicht jedoch auf dessen Absatz 1. Zudem wurde ein zusätzliches Verfahren zur Überprüfung des Vorliegens der Voraussetzungen einer missbräuchlichen Vaterschaftsanerkennung im Sinne des 1597a Abs. 1 BGB durch das Standesamt bei der Eintragung des Vaters in das Geburtenregister nicht vorgesehen. Dabei ist der Gesetzesbegründung eindeutig zu entnehmen, dass es sich hierbei nicht um ein bloßes Versehen des Gesetzgebers gehandelt haben kann. Denn in der Begründung zur entsprechenden Änderung des § 1598 BGB im Entwurf des Gesetzes zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht ist ausdrücklich erläutert, dass die Unwirksamkeit in diesem Zusammenhang auf die Fälle der Verletzung der Verfahrensvorschriften der Abs. 3 und 4 des § 1597a BGB beschränkt sein soll.
Wörtlich ist dort weiter ausgeführt:
„Hat dagegen die Ausländerbehörde oder die Auslandsvertretung festgestellt, dass eine missbräuchliche Vaterschaftsanerkennung oder Zustimmung nicht vorliegt oder hat die beurkundende Behörde oder die Urkundsperson keine konkreten Anhaltspunkte für einen Missbrauch festgestellt und ist deshalb die Beurkundung vorgenommen worden, so bleiben die Anerkennung und die Zustimmung auch dann wirksam, wenn später konkrete Anhaltspunkte dafür bekannt werden, dass sie entgegen Abs. 1 missbräuchlich gewesen sein könnten."
Nach der derzeit bestehenden Gesetzeslage bleiben die Vaterschaftsanerkennung und die hierzu erteilte Zustimmung somit auch dann wirksam, wenn konkrete Anhaltspunkte für eine missbräuchliche Anerkennung der Vaterschaft gemäß § 1597a Abs. 1 BGB erst nach Vornahme der Beurkundung zu Tage treten oder der diesbezügliche Sachverhalt vom Standesamt anders als durch die Urkundsperson beurteilt wird.
Allerdings ist auf die mangelnde Effektivität der derzeit bestehenden gesetzlichen Regelung zur Verhinderung von Vaterschaftsanerkenntnissen zum Zwecke der Erreichung aufenthaltsrechtlich motivierter Ziele bereits in Literatur und Rechtsprechung mehrfach mit überzeugenden Argumenten hingewiesen worden.
Gleichwohl ist nach der bestehenden Gesetzeslage jedoch die im vorliegenden Fall bereits erfolgte, formell ordnungsgemäß beurkundete und nach § 1598 Abs. 1 BGB nicht unwirksame Anerkennung der Vaterschaft vom Standesamt in das Geburtenregister einzutragen, so dass auf die vorliegende Zweifelsvorlage eine entsprechende Anweisung zu erfolgen hatte.