In aktuelle Diskussionen taucht oft die Behauptung aus, der von der CDU/CSU-Fraktion eingebrachte Gesetzentwurf „zur Begrenzung des illegalen Zustroms von Drittstaatsangehörigen nach Deutschland“ (20/12804) verstoße gegen das Grundgesetz oder gegen Menschenrechte, weil der Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten ausgesetzt wird. Die Annahme eines Verstoßes des Zustrombegrenzungsgesetzes gegen die Grund- oder Menschenrechte ist falsch.
Um den Vorschlag zur Aussetzung des Familiennachzugs zu subsidiär Schutzberechtigten, d.h. zu Personen, die nicht als Flüchtlinge anerkannt wurden, denen aber in ihrem Herkunftsstaat ernsthafter Schaden droht, besser zu verstehen, ist Rückblick sinnvoll.
Durch das am 17.03.2016 in Kraft getretene Gesetz zur Einführung beschleunigter Asylverfahren („Asylpaket II“ – BGBl. I 390) wurde der Familiennachzug für Familienangehörige von Ausländern im Bundesgebiet, die subsidiären Schutz genießen, ausgesetzt (§ 104 Abs. 13 AufenthG). Die Aussetzung des Familiennachzugs wurde nochmals durch Gesetz zur Verlängerung der Aussetzung des Familiennachzugs zu subsidiär Schutzberechtigten vom 16.3.2018 bis zum 1.8.2018 verlängert (BGBl. 2018 I 242), um ausreichend Zeit für die gesetzliche Regelung gem. § 36a AufenthG zu erhalten. Mit der geplanten Neuregelung sollte daher nur der Zustand hergestellt werden, der zuvor bereits bis 2018 bestand.
War der bis 2018 bestehende Rechtszustand verfassungs- oder unionsrechtswidrig? Die Antwort lautet: „nein“!
An einer Aussetzung des Familiennachzugs für subsidiär Schutzberechtigte bestehen im Lichte des Art. 6 Abs. 1 GG und des Art. 8 EMRK keine durchgreifenden Bedenken, weil dem Grundrechtsschutz von Ehe und Familie erforderlichenfalls durch die Annahme eines Ausnahmefalles Rechnung getragen werden kann. Der Gesetzgeber ist grundsätzlich berechtigt, den Ehegattennachzug für subsidiär Schutzberechtigte zur Verhinderung einer Überforderung der Aufnahme- und Integrationssysteme von Staat und Gesellschaft auszusetzen. Nur ausnahmsweise muss der Ehegattennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten gewährt werden. Dies ist etwa dann der Fall, wenn eine Herstellung der Familieneinheit ausschließlich im Aufnahmestaat möglich ist und die Trennung bereits seit vier Jahren besteht. Diesen Ausnahmefällen kann im nationalen Recht durch Anwendung der §§ 22 und 23 AufenthG hinreichend Rechnung getragen werden, die auch den Anforderungen aus Art. 6 GG, Art. 8 EMRK und Art. 7 GRC genügen.