BGH, Beschluss vom 06.10.2011 - V ZB 188/11 -, vorangehend Beschluss zum Antrag auf einstweilige Anordnung, veröffentlicht in MNet.
Zur Frage der verspäteten Belehrung nach Art. 36 Abs. 1 b WÜK reicht es nach Ansicht des BGH aus, dass die Belehrung anlässlich der Haftaufnahme erfolgt (BGH; Beschluss vom 28.10.2010 - V ZB 210/10 - bei Winkelmann, MNet).
Die vom Amtsgericht zwar unterlassene, von dem Beschwerdegericht jedoch vorgenommene Belehrung des Betroffenen reicht hingegen für das Aufrechterhalten der Haft aus Sicht der Rechtsbeschwerdeinstanz (noch) aus (BGH, Beschl. v. 25.08.2011 - V ZB 188/11 -, bei Winkelmann, MNet).
Zwar hat der Senat bereits entschieden, dass das Recht auf konsularische Hilfe nur dann effektiv in Anspruch genommen werden kann, wenn die Vertretung des jeweiligen Heimatlandes, wie in Art. 36 Abs. 1 Buchst. b Satz 1 WÜK vorgeschrieben, unverzüglich von der Inhaftierung unterrichtet wird, so dass eine Heilung nicht in Betracht kommt, wenn etwa die Botschaft in dem späteren Verlauf des Verfahrens Kenntnis von der Inhaftierung eines Staatsangehörigen erhält (Senat, B. v. 12. Mai 2011 - V ZB 23/11 Rn. 10; B. v. 18. November 2010 - V ZB 165/10, veröffentlicht in MNet).
Diese Entwicklung wird kritisch betrachtet, da nach Auffassung des BGH die effektive Wahrnehmung der völker- und verfassungsrechtlich zu gewährenden Rechte von der weiteren (zufälligen) Kenntnisnahme des betreffenden Konsulates abhängig gemacht wird. Die Beachtung dieser Rechte, muss für das Rechtsbeschwerdegericht nachvollziehbar sein. Die Belehrung des Ausländers über diese Rechte, seine Reaktion hierauf und, sofern verlangt, die unverzügliche Unterrichtung der konsularischen Vertretung von der Inhaftierung sind daher aktenkundig zu machen (BGH, B. vom 18.11.2010 - V ZB 165/10 - bei Winkelmann, MNet; BGH, B. vom 12.05.2011 - V ZB 23/11 -, Winkelmann, MNet). Der mögliche Aufschub bis zur Beschwerdeentscheidung - mit der Maßgabe der Feststellung der Rechtswidrigkeit der bis dato angeordneten Haft unter gleichzeitiger Aufrechterhaltung für die Zukunft, solange nicht das zuständige Konsulat zwischenzeitlich Kenntnis erlangte - erscheint befremdlich. Die Wahrnehmung der Rechte darf nicht willkürlich gewährt werden. Die jetzige Rechtslage ermöglicht den Behörden eine Verfahrensweise, den Zeitpunkt für eine an sich zwingende und unverzüglich vorzunehmende Belehrung in das Belieben der Behörde zu stellen, da in aller Regel eine zwischenzeitlich zufällige Kenntnisnahme des Konsulates selten vorkommt. Das ist verfassungsrechtlich unakzeptabel.
Zur aktuellen Entscheidung des BGH in der Hauptsache, B. v. 06.10.2011 - V ZB 188/11 -: hier klicken
Zur Gesamtkommentierung:
Belehrungspflichten bei Festnahme nach Art. 36 I b WÜK (946.94 kB 2011-11-27 18:34:45)
Zur Onlinekommentierung in § 62 AufenthG: