Systemische Mängel in Griechenland wegen drohender Rückführung eines Syrers in die Türkei

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Das Verwaltungsgericht München hat mit einem Beschluss vom 17. Juli 2019 (Az.: M 11 S 19.50772, M 11 S 19.50759) eine bevorstehende Dublin-Überstellung nach Griechenland gestoppt, weil dem Betroffenen in Griechenland eine Abschiebung in die Türkei drohen würde. Damit wurde erstmalig eine Rückführung in die Türkei aufgrund des sog. EU-Türkei-Deals von einem deutschen Gericht in Frage gestellt.

Der syrische Antragsteller war über die Türkei auf die griechische Insel Kos gekommen. Dort wurde sein Asylantrag entsprechend der EU-Türkei Erklärung als "unzulässig" abgelehnt, da die Türkei sicherer Drittstaat sei. Der Antragsteller floh weiter nach Deutschland, wo er kurz nach Übertritt der Grenze von der Bundespolizei aufgegriffen wurde. Diese verweigerte ihm die Einreise und nahm ihn in Haft, ohne das deutsch-griechische Abkommen, den sog. "Seehofer-Deal", anzuwenden. Sein aus der Haft heraus gestellter Asylantrag wurde wiederum vom BAMF als "unzulässig" abgelehnt, da Griechenland laut der Dublin-III-VO für sein Asylverfahren zuständig sei.

Mit dem Beschluss ordnete das Verwaltungsgericht aufschiebende Wirkung sowohl für die Klage gegen die Abschiebungsanordnung als auch für die Klage gegen die Einreiseverweigerung an, da es "erhebliche Anhaltspunkte" dafür gäbe, dass der Antragsteller von Griechenland in die Türkei abgeschoben werden würde. Es sei zweifelhaft, ob Griechenland die Vorgaben von Art. 38 der Verfahrensrichtlinie für einen "sicheren Drittstaat" richtig anwende, wenn in der Türkei Flüchtlingen aus Syrien nur einen "temporären" Schutz und damit keinen der Genfer Flüchtlingskonvention entsprechenden Status erhalte. Grundsätzlich müsste der Antragsteller dies vor griechischen Gerichten beanstanden. Es gäbe aber Anhaltspunkte dafür, dass Asylanträge syrischer Staatsangehöriger, die nach den innerstaatlichen Regeln Griechenlands eine Verbindung zur Türkei hätten, systematisch nicht in einer mit der Verfahrensrichtlinie zu vereinbarer Weise behandelt werden.

Zudem äußerte der Richter Zweifel daran, dass das in § 18 Abs. 2 Nr. 2 AsylG vorgesehene Vorgehen zur Einreiseverweigerung auf Grundlage von "Anhaltspunkten" für Zuständigkeiten eines anderen Mitgliedstaates mit der Dublin-III-VO vereinbar ist. Auch sei die Aufgabenverteilung zwischen Bundesamt und Grenzpolizei in dem Verfahren nicht klar.

 Quelle: ProAsyl